Velbert. . Für viele Menschen ist die eigene Endlichkeit ein Tabu-Thema. Der Hospizverein Niederberg holt dieses Thema ins Leben und bietet Hilfe für Betroffene.
Wenn bei Andrea Schyklenk das Telefon klingelt, kann der Anrufer sein Anliegen meist selbst noch nicht in konkrete Worte fassen. Es gibt eine plötzliche Veränderung im Alltag, ein Mensch ist schwer erkrankt oder der Abschied von einer vertrauten Person naht. Wie soll es jetzt weitergehen? Andrea Schyklenk vom Hospizverein Niederberg in Velbert nimmt inzwischen viele solcher Anrufe entgegen und weiß Rat. „Wir sind da, hören zu, versuchen Ängste zu nehmen, weinen, lachen aber auch gemeinsam“, erzählt Schyklenk. Sie hat bereits erwachsene Menschen und ihre sterbenden Eltern begleitet, aber auch junge Familienväter, die plötzlich eine unheilbare Krankheit diagnostiziert bekamen.
Am Anfang war langer Atem nötig
Die eigene Endlichkeit, ein Tabu-Thema, mit dem sich viele Menschen möglichst lange nicht auseinandersetzen wollen, weiß auch Wolfgang Tamm, stellvertretender Geschäftsführer des Vereins. „Die Hemmschwelle, sich bei uns zu melden, ist für viele groß. Der Begriff Hospiz wird in erster Linie mit Tod und Sterben verbunden und das will niemand“, sagt Tamm. Dabei kann er auch von Fällen berichten, in denen Menschen die er begleitet hat wieder gesund geworden sind.
Trotz der Skepsis erkennen Schyklenk und Tamm vermehrt in den letzten Jahren einen Wandel in der Gesellschaft und ihrem Umgang mit dem Sterben. Als sich der Verein im Jahr 2000 gründete, hätten die ersten Mitglieder einen langen Atem und viel Geduld beweisen müssen, weiß Schyklenk: „Heute rufen sehr viel mehr Leute an und nehmen unsere Hilfe in Anspruch“. Inzwischen betreue der Verein mit seinen insgesamt 250 Mitgliedern, wovon rund 25 aktiv sind, bis zu 15 Menschen pro Monat. Vorträge des Vereins sind gut besucht, und sogar ganze Schulklassen kommen und setzten sich aufgeschlossen mit dem Thema auseinander.
Neben der Sterbebegleitung berät der Verein beispielsweise auch bei Fragen rund um das Thema Patientenverfügung. Warum ist sie wichtig und worauf muss man achten, wenn man sie ausfüllt? Hand in Hand funktioniert ebenfalls die enge Zusammenarbeit mit den Medizinern der so genannten SAPV, der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung. 2007 wurde sie gesetzlich geschaffen, um schwerstkranken und sterbenden Krankenversicherten einen Anspruch auf leidensmindernde (palliative) medizinische Versorgung zu gewährleisten. „Mit Hilfe dieses Netzwerkes aus Ärzten und Pflegekräften ist hier im Kreis Mettmann sieben Tage die Woche eine palliative Versorgung gesichert“, erklärt Tamm.
Vor dem Hintergrund des intensiven Austauschs mit den Palliativmedizinern der SAPV verfolgen die beiden auch die aktuelle Debatte zum Thema Sterbehilfe. „Hier fehlt es einfach noch an Aufklärungsarbeit. Zu viele Menschen wissen nicht, dass es ein hervorragendes Netz von Beratung, Sterbebegleitung und medizinischer Versorgung vor Ort gibt, das im Notfall hilft“, so Tamm. Um das Angebot des Vereins noch auszuweiten, gibt es bereits eine Idee. „Gerne würden wir irgendwann mal ein stationäres Hospiz hier bauen – der Bedarf wäre auf jeden Fall da“, so Tamm.