Sprockhövel. . Die Ausstellung findet in der Niedersprockhöveler Zwiebelturmkirche statt. Der Archivpfleger trug Bewegendes zusammen. Er recherchierte auch in der Sprockhöveler Zeitung.
Umfangreich, detailverliebt, schockierend: Am Freitagabend eröffnete die Ausstellung „Erinnern an den Ersten Weltkrieg – Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“ in der Niedersprockhöveler Zwiebelturmkirche.
Die Entscheidung dafür, dass sich auch Kirchen an den Ersten Weltkrieg erinnern sollen, fiel im Juni 2013 auf der Archivpflegetagung des landeskirchlichen Archivs. Impulsgeber für die Idee war der Dortmunder Superintendent i.R. Klaus Philipps. Das Presbyterium stimmte zu. Der Sprockhöveler Archivpfleger Ulrich Sdroyek machte sich ans Werk.
Die Ausstellung bewegt. Jede Säule im Kirchenschiff ist zugepflastert mit Todesanzeigen. „Es waren alles Menschen aus dem Amt Sprockhövel“, so Ulrich Sdroyek. Für seine Recherchearbeiten griff er u.a. auf die Sprockhöveler Zeitung zurück. „Sie erschien zwischen 1898 und 1945.“ Nur die Ausgaben des ersten Kriegsjahres fehlten ihm. „Vor einigen Monaten sind die aber wieder aufgetaucht, nur hatte ich leider noch keinen Zugriff.“
Sdroyek kämpfte sich buchstäblich durch die Armee-Verordnungsblätter. Es sind Verlustlisten – eine solche Liste liegt auch aus. Er pflegte sie mit einer Gruppe, die sich im Internet fand. Denn einer alleine hätte lange mit dieser Arbeit zu tun. „Mit 700 Leuten pflegte ich 8,5 Millionen Daten ein.“
600 Briefe aus der Feldpost
So fand er zum Beispiel den Namen Alfred Neuhaus. Das war ein Grenadier, der am 1. Dezember 1914 in Flandern seinen schweren Verwundungen erlag. Friedrich Buchner, Besucher der Ausstellung, fühlte sich an seine Schulzeit erinnert. „Wir waren in Flandern. Die Schlachtfelder liegen da noch.“ Die Eindrücke von damals wären bis heute präsent.
Noch beeindruckender fand er die Feldpost des Otto Nasenbergs, 600 Briefe. Die Ausstellung zeigt nur einen kleinen Auszug, Sdroyek denkt aber darüber nach, sie in einem Buch zu verlegen. „Mit den Briefen klammerte sich Nasenberg an Familie und Heimat, forderte sogar ein, man möge ihm doch öfter schreiben, bat um Lebensmittel“, sagt Ulrich Sdroyek. Nasenberg erhielt nicht nur von seiner Familie Post. Ein Liebesgabenpaket der Schülerin Auguste Thepas muss ihn erreicht haben. Eine kurze, handschriftliche Nachricht ist ausgestellt: „Lieber Krieger! Kurz und gut mein Wunsch ist klein. Der liebe Gott möge dein Beschützer sein. Wenn du rauchst, so denk an die Schülerin Auguste Thepas, 15 Jahre alt.“ Die Soldaten hätten viel geraucht, so Sdroyek. Nicht etwa aus Langeweile oder aus Genuss. „Sie wollten mit dem Rauch den Verwesungsgeruch der Gefallenen aus der Nase bekommen.“
Noch weitere Tafeln runden die Ausstellung ab: „Krieg??? Kunst! Kunst vom Krieg“ ist eine von ihnen. Sie zeigt Karikaturen und Propaganda. Auf einer anderen wird das Handeln der Kirche von allen Seiten betrachtet.