Sprockhövel. .

Darf man das Mäntelchen des Brauchtumspflege dazu benutzen, Menschen auszuschließen? Diese Frage wirft der Fall eines Schützenkönigs aus Werl auf. Ein Dachverband hatte die Abdankung des mit einer Katholikin verheirateten Muslims gefordert, ruderte bei großem Protest zurück, untersagte aber einen Start beim Bezirkswettbewerb.

Bei den Herzkamper Schützen hat man eine ganz klare Meinung zu diesem Vorgang: „Das ist im Grunde lächerlich“, sagt der Vorsitzende Jörg Materna, der das Vorgehen des Verbandes für nicht mehr zeitgemäß hält.

Mehr Toleranz walten lassen

Der Verein des Werler Schützenkönigs Mithat Gedik hat einen katholischen Hintergrund und ist Mitglied im Bund der Historischen Schützenbruderschaften (BDHS), der dann Gediks Abdankung forderte. So spielt in diesem Fall nicht nur die Herkunft des Königs eine Rolle, sondern auch dessen Religion. Die Statuten untersagen einen Schützenkönig, der kein Christ ist. Offenbar war das bei der Aufnahme Gediks in den Verein nicht beachtet worden. Nur wegen dieses Fehlers dürfe er „ausnahmsweise“ Schützenkönig bleiben, so der Verband.

Für Materna ist das alles dennoch kein schlagendes Argument, einem Muslim seinen Titel zu verweigern. „So sollte im Jahre 2014 nicht mehr gespielt werden. Da sollte man mehr Toleranz walten lassen. Zumal der Mann ja auch schon jahrelang dort lebt.“ Und das ist für die Brauchtumspflege ja auch nicht ganz unwichtig. Man könne nicht jemanden zum Mitglied machen, als Schützenkönig feiern und dann zur Abdankung auffordern. „Man sollte den betreffenden Paragrafen ändern oder, besser noch, ganz abschaffen.“

Statuten erlauben andere Religionen

Bei den Herzkamper Schützen hingegen sei so ein Fall wie der in Werl undenkbar, so der Vorsitzende. Ein muslimischer Schützenkönig sei kein Problem. „Unsere Statuten gäben das her.“ Die seien erst vor wenigen Jahren – aus einem anderen Grund – überarbeitet worden. Der Herzkamper Verein hat keinen religiösen Hintergrund. „Wir sind keine Bruderschaft“, sagt Jörg Materna. „Der Verein wurde 1927 zur Brauchtumspflege gegründet.“ Der Dachverband der Herzkamper ist der Westfälische Schützenbund.

Überhaupt scheint man in Herzkamp im Vergleich zu manch anderem Schützenverein recht fortschrittlich zu denken. So gab es etwa wiederholt auch Schützenköniginnen: Angela Brier, Christlinde Bünk oder auch zuletzt im Jahr 2009 Brigitte Rum.

Die Männer bleiben beim Königsschießen also keineswegs unter sich, und das gilt auch für die Alten. Der amtierende Titelträger Mathias Feuerstack zum Beispiel wurde nach seinem dritten Sieg hintereinander im vergangenen Jahr mit 23 Jahren jüngster Schützenkaiser des ganzen Ennepe-Ruhr-Kreises.

In gut zwei Wochen, am 23. August, steht das nächste Königsschießen an der Elfringhauser Straße an. „Ob Mathias den Vogel noch einmal trifft, weiß man noch nicht“, sagt Jörg Materna mit einem Lachen.

Ein Muslim wird dann nicht unter den Startern sein, weil keiner Mitglied ist.