Sprockhövel. Familien aus dem gesamten Ruhrgebiet kommen zur Schonung von Ulrich Dominicus – seit mehr als 60 Jahren schon.

Der da – zu kahl, der – mehr Fragezeichen als Baum, und der – perfekt!

Es müssen schon einige Höhenmeter überwunden und waghalsige Klettereien auf sich genommen werden, um den richtigen Tannenbaum im Wohnzimmerformat für die Weihnachtszeit zu finden. Doch das Fundstück ist dann auch etwas besonders: Nicht von der Stange, sondern direkt aus der Tannenschonung – selbst gefällt.

Besitzer des Grundstücks mit den vielen Nadelbäumen ist Ulrich Dominicus, Elektroingenieur und Landwirt. „Dabei gilt immer: Die Aufgabe heißt suchen, nicht finden“, sagt Dominicus. Was auch immer er damit meint, es scheint egal zu sein. Denn die meisten, die ihren Baum hier fällen wollen, kommen japsend und schnaufend bei ihm an, können sich kaum Gedanken über diese kryptische Anweisung machen. Denn zwischen Tannenschonung und Straße liegt eine steile Wiese. Geschätzte Distanz zwischen Straße und Schonung: gut 200 Meter. Geschätzte Steigung: viel zu steil.

Ein gutes Mittel, die Kletterei erträglich zu machen: laut fluchen. „Es gibt Millionen von Ständen, an denen wir Weihnachtsbäume kaufen können. Und ausgerechnet hier fahren wir hin!“ Wer hier flucht, ist eine Dame: Christina Theisz (28) ist mit Sascha Binkel (31) und Daniel Großeloh (29), alle drei aus Essen, auf der Suche nach gleich zwei Weihnachtsbäumen.

Dabei meint sie ihre Worte gar nicht so böse, denn mit einem Lächeln erinnert sie sich, dass ihr Opa immer mit ihr hier war. „Das ist über 20 Jahre her“, sagt sie. Und erinnert sich noch genau an die Stelle, wo sie ihren ersten Baum mit ihm gefällt hat.

Über den dick mit Moos bewachsenen Hang mit den zahlreichen Tannen suchen die drei und verschwinden schließlich irgendwo im Unterholz. Doch sind sie bei weitem nicht die einzigen, die jeden Baum kritisch in Augenschein nehmen. Ein Vater kommt mit seinem Sohn zurück zu Ulrich Dominicus. Der Sohn hat an den alten Zaunlatten, an denen jetzt unzählige Sägen hängen, eine in seiner Größe entdeckt. „Die Schneide immer nach unten tragen“, mahnt Dominicus noch schnell.

Der Landwirt hat wohl den entspannteren Job. Ein Feuer brennt zu seinem Füßen und knistert vor sich hin, ab und an wirft er ein paar Holzscheite nach. Auf dem Feuer steht auf einem Rost ein Topf, aus dem es verräterisch duftet: Glühwein. „Den gibt es für die Holzfäller aber erst nach getaner Arbeit“, sagt er. Etwas weiter vorne stehen zwei Packstationen für die Bäume, große Rohre mit einem Netz an einem der Enden.

Zu Ulrich Dominicus kommen schon seit vielen Jahren Leute aus dem ganzen Ruhrgebiet , um ihre Bäume zu fällen. Werbung macht er dabei gar keine. „Ich stelle oben an die Straße ein Schild, das muss reichen.“ Der Rest läuft über Mundpropaganda – und das schon seit fast 60 Jahren.

Erfolgreich bei der Suche nach dem passenden Baum ist die Familie Hüttemann aus Wuppertal. Den Baum hat sie ausgesucht. Für den Familienfrieden. Die Kinder, Max und Paula, sind von dem kleinen Ausflug in den Tannenwald richtig begeistert. Und während die Familie an einer der Packstationen steht und den Baum sicher einschnürt, kommt auch schon der nächste auf der Suche nach einem Baum den Berg hochgestiefelt. Prustend kommt er an: „Mann, ist das steil!“