Sprockhövel/Essen. Nach Überfällen in Sprockhövel und Ennepetal sind drei junge Männer verurteilt worden. Der Haupttäter legte sich sofort mit dem Richter an.
Die Urteilsbegründung war noch gar nicht zu Ende, da ließ der Haupttäter seiner Wut schon wieder freien Lauf. „Waren Sie schon mal im Knast?“, blaffte der Angeklagte den Richter an. „Sie wissen doch gar nicht, was da abgeht.“
Hartes Urteil gefällt
Wenige Minuten zuvor war der 19-Jährige nach drei Tankstellen-Überfällen in Sprockhövel und Ennepetal zu vier Jahren und zehn Monaten Jugendhaft verurteilt worden. Gegen seine beiden mitangeklagten Komplizen sind dreieinhalb Jahre Gefängnis beziehungsweise zwei Jahre Haft auf Bewährung verhängt worden. Die schlimmste Tat ist am 7. November vergangenen Jahres in der Oil-Tankstelle an der Schmiedestraße in Sprockhövel passiert. Dort hatte der damals 19-Jährige die Kassiererin sofort mit einer Schusswaffe vor den Kopf geschlagen. Sie musste sich auf den Boden knien, dann hielt er ihr den Lauf seiner Waffe direkt an die Schläfe.
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Mach‘ den Tresor auf, sonst knall‘ ich dich ab!“ So oder so ähnlich hat er sich damals ausgedrückt. Die 32-Jährige hatte aber gar keinen Schlüssel. Im Prozess am Essener Landgericht hatte die Kassiererin mit leisen Worten erzählt, was ihr damals durch den Kopf gegangen ist: „Tut das wohl weh? Merkt man das, wenn er jetzt abdrückt und mir in den Kopf schießt?“ Diese bedrückenden Worte haben auch die Richter schwer beeindruckt.
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„Die Frau hatte Todesangst“, sagte Richter Volker Uhlenbrock. Sie habe schließlich nicht wissen können, dass es sich nur um eine Schreckschusspistole gehandelt hat. Zwei Monate lang war die 32-Jährige krankgeschrieben. Zu ihrem Aushilfsjob in der Tankstelle konnte sie nie wieder zurückkehren. „Die Justiz muss auch den Opfern Rechnung tragen“, so Uhlenbrock. Bei den drei Überfällen seien insgesamt sechs Personen geschlagen und bedroht worden.
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Auch in der Untersuchungshaft ist es schon wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen. Dort hat der inzwischen 20-Jährige offenbar eine Socke mit Sand und Scherben gefüllt – und damit auch zugeschlagen. Einsichtig ist er nicht. „Wenn mich fünf Leute angreifen, zieh‘ ich eine Waffe“, rief er mitten in die Urteilsbegründung. Dann starrte er den Vorsitzenden Richter der 5. Strafkammer minutenlang an.
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In diesem Moment stellte Richter Uhlenbrock die gerade verhängte Strafe fast schon wieder in Frage, weil sie möglicherweise zu niedrig sei. „An ihrer Reaktion sieht man, dass das Urteil eigentlich falsch ist“, sagte er in Richtung des Hauptangeklagten. „Sie müssen verstehen, dass sie nicht der Chef sind, der alles regelt.“ Hintergrund der Taten waren Geldknappheit und Drogenkonsum. Die Beute belief sich am Ende auf fast 3.000 Euro. Die beiden Komplizen des 19-Jährigen waren laut Urteil nur bei den letzten beiden Taten in Sprockhövel dabei. Dort wurde auch noch die Aral-Tankstelle an der Bochumer Straße überfallen. Dieser Raubzug war allerdings ohne Beute abgebrochen worden.
Sehr hohes Schmerzensgeld
Der Fluchtwagenfahrer hatte zwei Kassierern im Laufe des Prozesses jeweils 1.000 Euro Schmerzensgeld gezahlt. Den Richtern reichte das allerdings nicht aus. Sie haben als Bewährungsauflage die Zahlung von weiteren 6000 Euro angeordnet.