Sprockhövel. Verspätungen, blockierte Straßen und verpasste Prüfungen: In Sprockhövel spürten viele die Bauern-Proteste. Warum sie sie dennoch unterstützen:

Blockierte Autobahnen, verstopfte Straßen, Schritttempo, Misthaufen als Barrikaden: Die Bauernproteste der vergangenen Woche hatten auch Auswirkungen auf die Bevölkerung. Staus, Verspätungen und Umwege mussten eingeplant werde. Viele Sprockhöveler aber zeigen sich solidarisch.

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„Es ist ein Wunder, dass sich die Bauern das alles so lange haben kommentarlos gefallen lassen“, hat Matthias Hellhauer unbedingt Verständnis dafür, dass die Bauern Protestaktionen gestartet haben. Flächen-Stilllegungen, Höfesterben, finanzielle Belastungen, die Doppelmoral der EU-Vorgaben und besonders die enge Führung eines Berufsstandes, der seit Jahrhunderten mit und in der Natur arbeitet, hätten die Geduld und Kooperationsbereitschaft der Landwirte schon lange überstrapaziert, findet der Sprockhöveler.

Leere Supermarktregale ohne Bauern

„Denken Sie sich mal in den Supermarktregalen alle Produkte weg, die an die Landwirtschaft gebunden sind. Übrig bleiben Shampoo, Zahnpasta, Putzmittel. Davon wird man nicht satt“, hat Hellhauer Verständnis für die Forderung nach mehr Wertschätzung gegenüber der Arbeit der Bauern. „Wir können uns jetzt schon nicht selbst ernähren. Das Höfesterben hat bereits begonnen, das macht die Situation höchstens noch bedrohlicher.“

In Haßlinghausen hatten sich Landwirte versammelt und den Protestierenden aus Hattingen und Witten auf ihrer Fahrt zum Kreishaus angeschlossen.
In Haßlinghausen hatten sich Landwirte versammelt und den Protestierenden aus Hattingen und Witten auf ihrer Fahrt zum Kreishaus angeschlossen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Ihm ist es auch wichtig, wahrzunehmen, dass die Bauerndemonstrationen friedlich verlaufen sind. Manche Fußballspiele seien oftmals von Gewalt, Zerstörung und Aggression begleitet, der sich die Polizei gegenüber sehe. Das koste den Steuerzahler Millionen. Das sei bei den Bauernprotesten nicht der Fall gewesen.

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Für Schüler Phil Watermann hatten die Streiks im Raum Sprockhövel auch Folgen, die ihm nicht gefallen haben: „Ich bin aufgrund der Staus erst mit zweistündiger Verspätung zur Schule gekommen und habe einen Leistungskurs verpasst. In wenigen Wochen geht es in die Abiturphase, da ist das natürlich echt doof“, erläutert er. Dennoch habe er absolutes Verständnis dafür, dass die Bauern auf die Straße gehen. Die Sicherung von Existenzen, die Sicherstellung der Ernährung der Bevölkerung seien wichtig, die friedliche Demonstration ein probates Mittel, seine Interessen zu vertreten, befand Watermann.

Denken Sie sich mal in den Supermarktregalen alle Produkte weg, die an die Landwirtschaft gebunden sind. Übrig bleiben Shampoo, Zahnpasta, Putzmittel. Davon wird man nicht satt.“
Matthias Hellhauer - aus Sprockhövel

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Gerade die Blockade des Autobahnkreuzes Wuppertal Nord als empfindlicher Knotenpunkt, der schon bei einer normalen Verkehrssituation zu Stoßzeiten stark belastet ist, hat besonders den Pendlern zugesetzt. Auch Achim und Sibylle Kayser fahren eigentlich morgens aus Sprockhövel über das Kreuz zur Arbeit nach Wuppertal. „Wir sind halt Schleichwege gefahren, das ist ja mit einem Navigationsprogramm kein Problem“, blickt Achim Kayser entspannt zurück.

Harte Arbeit an sieben Tagen die Woche

Auch die beiden Sprockhöveler haben uneingeschränktes Verständnis für die Proteste: „Die Bauern bekommen die Preise für ihre Waren diktiert. Vorher verdienen alle anderen“, ist Achim Kayser mit den Landwirten solidarisch. „Die Bauern arbeiten, besonders wenn sie Tiere zu versorgen haben, sieben Tage die Woche. Die Arbeit ist hart. Vielleicht sollten die Mitglieder der Regierung hier mal mitarbeiten, um zu sehen, wie das so ist“, ergänzt Sibylle Kaiser.

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Auch für Florian Ettrich sind die Proteste - trotz der Auswirkungen auf die Bevölkerung - richtig. Er selbst habe aber eine Prüfung im Fach Englisch verpasst, weil sein Bus aufgrund der durch die Trecker verursachten Staus eine große Verspätung hatte. Intensiv sei er nicht im Thema, aber er halte es grundsätzlich für legitim, für seine Interessen zu demonstrieren. Sein verspätetes Eintreffen in der Schule sei zwar unglücklich, aber die Demonstrationen halte er auch für wichtig, so der Oberstufenschüler.