Sprockhövel. Die Umgehungsstraße in Sprockhövel wird viel teurer als die erwarteten 4,3 Millionen Euro. Straßen NRW sagt, ob das Straßenprojekt gefährdet ist.

Seitdem für die Umgehungsstraße L70n im Jahre 2018 unter Festmarschbegleitung der erste Spatenstich erfolgte, hat der Bau der neuen Straße immer wieder erhebliche Verzögerungen erlebt. Und die Kosten steigen immens: Erste Kalkulationen vor rund fünf Jahren gingen noch von 4,3 Millionen Euro aus, jüngste Berechnungen sehen den finanziellen Aufwand für die L70n, die 2023 fertiggestellt sein soll, bei knapp 11 Millionen Euro.

Kostenfortschreibung brachte es an den Tag

„Ende des letzten Jahres haben wir für die Kontrolle die übliche Kostenfortschreibung vorgenommen und festgestellt, dass das Projekt L70n deutlich teurer wird“, berichtet Andreas Berg, Sprecher von Straßen NRW. Auf die noch ausstehenden Bauabschnitte der Umgehungsstraße hochgerechnet soll die rund einen Kilometer lange Straße mit zwei Kreisverkehren und einigen begleitenden Bauwerken nun mit 10,9 Millionen Euro zu Buche schlagen.

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Gestiegener Baupreisindex

Das ist die aktuelle Kalkulation – doch wie konnte das geschehen? Berg führt den Baupreisindex an, der die verschiedenen Kategorien beim Bau zusammenfasst. „Alles ist spürbar teurer geworden – das Baumaterial, die Lohnkosten, der Maschineneinsatz“, resümiert der Mann von Straßen NRW. Auch die Preise für Energie kennten nur eine Richtung: „Und da ist vor dem Hintergrund der geopolitischen Situation mit dem Ukraine-Krieg überhaupt noch kein Ende abzusehen.“ Auch zeitlich ist man von den zuerst veranschlagten zwei Jahren abgerückt, vier Jahre sind nun realistisch, 2023 erst soll nach Auskunft von Straßen NRW die Straße für den Verkehr freigegeben werden können.

Grundstückserwerbungen nicht teurer als erwartet

Maßgebliche Verzögerungen entstanden bekanntlich durch Schwierigkeiten für den Straßenbaulastträger, einige der benötigten Grundstücke für die Straße zu erwerben. Hat auch das zur Kostensteigerung beigetragen? Berg wehrt ab: „Da wird nicht gefeilscht, von unserer Seite gibt es für Grundstücksankäufe festgelegte Preise, davon wird nicht abgewichen.“

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Grüne äußern sich kritisch

Bekannt geworden ist die Kostenexplosion bei einer Anfrage im Parlament des Ruhrverbandes, wo Straßen NRW Auskunft geben musste über die Kostenentwicklung einiger Straßenbauprojekte. Die erhebliche Verteuerung der L70n ruft auch die Grünen in Sprockhövel auf den Plan gerufen; sie stehen seit Beginn der Maßnahme sehr kritisch zur Umgehungsstraße. „Die Bauzeit verzögerte sich, Kosten explodieren. Die Situation für Fahrradfahrer und Fußgänger ist am bereits gebauten Kreisverkehr katastrophal, der Eingriff in die Natur ist immens.“, resümiert der Landtagskandidat der Grünen in Sprockhövel, Alexander Karsten.

Schlechtes Signal für Verkehrswende

Auch aus der Perspektive der Verkehrswende sei der Bau der L70n ein schlechtes Signal. Die aktuelle Situation zeige, dass weniger Straßenverkehr und nicht mehr gebraucht werde. „Planungen von vor über 40 Jahren umzusetzen, ohne sie den aktuellen Entwicklungen anzupassen, ist nicht zeitgemäß. Anstatt den Fahrradverkehr sowie den ÖPNV zu stärken, versenkt Straßen NRW lieber noch mehr Steuergelder für eine veraltete Verkehrsplanung. So geht Verkehrswende nicht. Jetzt ist es natürlich zu spät. Die Rechnung zahlen wir alle als Steuerzahler“, so der Landtagskandidat.

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Entlastung der Innenstadt positiv

Als positives Fazit bleibe, dass es durch das Projekt Möglichkeiten zur Entlastung und Umgestaltung der Niedersprockhöveler Innenstadt bestehen. Konkret gibt es vonseiten der Grünen folgende Forderungen: Überarbeitung der Radverkehrsführung, da im Sommer mehr als 1000 Radfahrer die Trasse am Wochenende nutzen; schnelle Anpflanzung von Straßenbegleitgrün und Vorziehen der Freigabe der Straße bis zum Parkplatz Börgersbruch.

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Was Straßen NRW jetzt tut

Bei Straßen NRW bestehen keine Zweifel, dass das Straßenbauprojekt L70n in Sprockhövel trotz der erheblich gestiegenen Kosten zu Ende geführt wird. „Der Beschluss aus dem Stadtrat liegt ja vor, wir können das nicht aushebeln“, sagt Sprecher Andreas Berg.

Der zuständige Haushälter beim Straßenbaulastträger werde versuchen, die zusätzlichen Mittel durch Umschichtungen freizubekommen, so Berg. Außerdem bestehe die Möglichkeit eines Nachtragshaushalts.