Straßenumfrage in Sprockhövel: Einige Jugendliche gönnen den älteren Geimpften ihre Freiheiten nicht. Andere betonen Solidarität mit den Senioren.

Es gibt Lockerungen für Corona-Geimpfte und Genesene. Überwiegend ältere Bürgerinnen und Bürger bekommen nach dem Doppelstich problemlos Termine beim Friseur, buchen einen Inselurlaub und genießen bald schon wieder Restaurantbesuche. Die Jüngeren dagegen schauen in die Röhre, viele fühlen sich benachteiligt, andere gönnen die Privilegien den Rückkehrern in die Normalität. Eine Straßenumfrage unter Sprockhöveler Jugendlichen zeigt ein gemischtes Stimmungsbild.

Man muss die jungen Leute in Haßlinghausen im Umfeld des Busbahnhofs nicht lange bitten, ihre Meinung zum Thema Impf-Privilegien mitzuteilen, über nichts werde zurzeit in den Familien und unter Freunden so intensiv und kontrovers diskutiert, sagt etwa die 16-jährige Lara. „Aber ich möchte zu allererst etwas zur Weigerung vieler Senioren sagen, sich mit Astrazenica impfen zu lassen: Ich finde das krass, dann auch noch Termine kurzfristig abzusagen, wo doch jeder junge Mensch sofort dieses Angebot annehmen würde.“ Ben ist derselben Meinung, er fordert aufgebracht, man solle solchen Personen das Impfrecht entziehen. Pascal stellt klar: „Ich nehme jeden Stoff, der verfügbar ist!“

Insgesamt zwölf Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 21 Jahren haben sich zum Thema geäußert, einige der Aussagen werden hier wiedergegeben. Da sind jene, die die vielbeschworene Solidarität zwischen Alt und Jung allenfalls als Einbahnstraße empfinden – ausschließlich zu ihren Lasten. Studentin Laura mag es nicht akzeptieren, dass ihre beiden voll geimpften Großeltern im Hochsommer einen Urlaub auf einer Insel organisieren konnten, „während ich wahrscheinlich erst irgendwann kurz vor Weihnachten meine Impfungen bekomme. Soll ich dafür applaudieren?“

Noch deutlicher wird Antonia: „Ich finde, Senioren haben ihr Leben gelebt. Wir jungen Leute verzichten schon mehr als ein Jahr auf so ziemlich alles, was jungen Leuten wichtig ist. Besser wäre es gewesen, von Anfang an sowohl junge wie alte Leute zu impfen, das wäre gerechter gewesen.“ Sandra sieht es so: „Dass die Alten schneller geimpft worden sind, damit sie aus dem Ansteckungsrisiko raus sind – geschenkt. Aber dass sie jetzt exklusiv von den Lockerungen profitieren dürfen, empfinde ich als krassen Verstoß gegen die Solidarität.“

Es gibt jedoch auch Jugendliche und junge Erwachsene, die eine andere Sicht auf das Thema Impf-Privilegien haben. Sascha etwa hat viel über Corona-Impfungen auch im internationalen Vergleich gelesen. „Es ist doch interessant, dass in einigen Ländern zuerst die Berufstätigen gegen das Virus immunisiert wurden und dann die Senioren.“ Er finde jedoch die Bevorzugung besonders Schutzbedürftiger richtig. „Dadurch ist doch auch die Zahl der an Corona Verstorbenen immer mehr gesunken. Es geht schließlich um Leben und Tod.“ Hülya betont die Solidarität, die sie mit älteren Geimpften empfinde: „Ich habe Respekt vor den älteren Menschen. Als künftige Altenpflegerin muss ich doch feststellen, dass sie viel mitgemacht haben in der Isolation der Heime im letzten Jahr.“ Daher begrüßt sie es, wenn Geimpfte nun wieder volle Freiheit genießen dürfen.

Orhan beruft sich bei seiner Meinungsäußerung auf traditionelle Werte. „Es ist für mich als 17-Jähriger völlig unvorstellbar, Kritik an meinen geimpften Großeltern zu üben, weil sie einen Vorteil mir gegenüber haben.“ Schließlich sei er jung und gesund und könne entsprechend entspannt auf seine eigene Impfung in einigen Monaten warten.