Sprockhövel. Ein Kleintransporter schrappt in Sprockhövel an vier geparkten teuren Karossen vorbei. Den Haltern ist der Versicherungsbetrug nicht nachzuweisen.
Vor dem Amtsgericht Hattingen sollte am Montagmorgen gegen drei Angeklagte ein Prozess fortgeführt werden, bei dem die Staatsanwaltschaft den Vorwurf des Versicherungsbetruges in Höhe von insgesamt rund 61.000 Euro erhoben hat. Einer kam, und zusammen mit einem weiteren Abwesenden wurde er freigesprochen.
Fall liegt fast acht Jahre zurück
Der Fall liegt fast acht Jahre zurück: Vier hochwertige Autos unterschiedlicher Halter waren im Oktober 2012 in der Stefansbecke in einer Reihe am Straßenrand abgestellt worden. Der heute 72 Jahre alte Fahrer eines angemieteten Kleintransporters hatte die Fahrzeuge nach seinen Angaben in Vorbeifahrt erheblich beschädigt; als Ursache hatte der Mann angegeben, ihm sei schlecht geworden und hätte daher die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren, sagte er 2017 in der Hauptverhandlung aus. Am Montag hätte er zur Fortsetzungsveranstaltung kommen sollen, erschien aber nicht. Vielmehr ließ er durch seinen Anwalt einen Befangenheitsantrag gegen Richter Johannes Kimmeskamp verlesen. Bis zu einer Entscheidung darüber wurde das Verfahren abgetrennt.
Ein Angeklagter räumt Betrug ein
2017 war es wie gesagt zum Prozess gekommen, ein weiterer Angeklagter gestand in der Hauptverhandlung, seinen Wagen im Auftrag einer Person am Straßenrand an einer ganz bestimmten Stelle abgestellt zu haben. Er wurde informiert, dass sein Auto beschädigt werden würde. Der Clou: Die Versicherung sollte den Schaden begleichen, die Reparatur im Anschluss aber weit kostengünstiger durchgeführt werden, so dass ein Betrugsgewinn entstehen würde. 1500 Euro wurden dem Angeklagte als Prämie versprochen.
Keinen Auftraggeber genannt
Der Schaden nach der Kollisionsfahrt betrug damals laut Staatsanwaltschaft in diesem Einzelfall 10.450 Euro, der Angeklagte bezahlte für die Reparatur nur 5000 Euro. Wenn die Versicherung gezahlt hätte, wäre also ein „Gewinn“ von 5450 Euro zu verzeichnen gewesen. Vor Gericht war der Angeklagte zwar geständig, seinen Auftraggeber wollte er indes nicht nennen. Verurteilt wurde er wegen vorsätzlichen Betruges zu einer Geldstrafe in Höhe von 1500 Euro.
Privatdetektive ermitteln bei Angeklagten
Um die Regulierung der einzelnen Schäden streiten seit 2012 die betroffenen Autoversicherungen durch alle Instanzen bis zum Oberlandesgericht. Es wurden sogar Privatdetektive eingesetzt, um im Privatleben der Angeklagten zu ermitteln, berichteten diese selbst und behaupten hartnäckig, sich untereinander nicht zu kennen.
Ein Hattinger hat Glück
Ein weiterer Angeklagter aus Hattingen hatte mehr Glück: Im selben Hauptverfahren 2017 konnte der Besitzer eines beschädigten Sportwagens glaubhaft machen, dass es Gründe für ihn gab, an besagter Stelle und in besagter Nacht in der Stefansbecke zu parken. Zudem, so berichtete sein Anwalt vor Gericht, habe sein Mandant bereits 28.000 Euro Gerichtskosten und weitere 22.000 Euro für die Reparatur seines Sportwagens beglichen.
Widersprüche bei Gutachten
Mit Spannung war 2017 auf die Ergebnisse von Gutachtern geschaut worden. Die Sachverständigen hatten zu bedenken gegeben, dass die Streifschäden nicht allein durch einfaches Passieren des Kleintransporters entstanden sein konnten. Die Beschädigungen legten den Schluss nahe, dass der Fahrer zusätzlich für weitere Beschädigungen zurücksetzen musste. Ein anderer Gutachter schloss dies aus, da beim ersten Aufprall die Achse des Transporter gebrochen sei.
Betrugsabsicht nicht nachweisbar
Bei der Hauptverhandlung am Montag hatten sich wegen dieses Betrugsvorwurfes ein 57-Jähriger und ein 54-Jähriger zu verantworten. Am Ende der Beweisaufnahme war ihnen nicht nachzuweisen, ihre Fahrzeuge dort in der Absicht abgestellt zu haben, einen Betrug zu begehen. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft plädierte daher auf Freispruch, die Verteidiger schlossen sich dem an. Richter Kimmeskamp folgte dann den Anträgen und sprach beide Angeklagte vom Vorwurf des Betruges auf Kosten der Landeskasse frei.
Manipulationen bei Verkehrsunfällen
Die Versicherungsbranche schätzt, dass jeder achte bis zehnte Verkehrsunfall in Deutschland manipulationsverdächtig sei.
Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft geht davon aus, dass allein durch Betrug der Kfz-Versicherung jährlich ein Schaden in Höhe von zwei Milliarden Euro entsteht.