Sprockhövel. Kunde erhält statt Wechselgeld einen Gutschein und ist damit nicht einverstanden. Wie er sich seine 20 Euro zurückholte, ist nicht zu klären.
Manchmal kann das Gericht trotz intensiver Recherche die Wahrheit nicht herausfinden. So war es auch am Dienstag, als nach langer und gründlicher Befragung des Angeklagten, der Geschädigten und weiterer Zeugen der Sachverhalt nicht geklärt werden konnte. Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft stellte das Schöffengericht unter Richter Christian Amann das Verfahren ein.
Angeklagt war der 19-jährige B. aus Mogadischu, der sich seit 2018 in Deutschland aufhält. Er wollte am 2. Oktober 2019 von seiner Flüchtlingsunterkunft in Sprockhövel nach Haßlinghausen fahren, um einzukaufen. Um das Busticket von 1,70 Euro zu bezahlen, legte er der Fahrerin einen 20-Euro-Schein vor. Sie aber konnte nicht wechseln, nahm das Geld an sich und gab ihm einen Gutschein über 18,30 Euro. Einzulösen gegen Vorlage des Ausweises, stand darauf.
„Die Version ist schwer nachvollziehbar“
Die Busfahrerin hielt dann am Busbahnhof an, um sich einen Kaffee zu holen und zur Toilette zu gehen. Da die Busfahrer die Auflage haben, Geld in Pausen nicht unbeobachtet im Bus liegen zu lassen, nahm sie eine Tasche mit dem sogenannten Wechsler mit, in dem sich das Wechselgeld befindet. Die Tasche stellte sie bei einem Kollegen in dessen Bus.
Daraufhin kam B. auf die Drei zu, schnappte sich die Tasche und rannte einige Meter weg. Er habe sich nur seinen 20-Euro-Schein wiedergeholt, ließ er durch einen Dolmetscher mitteilen. Seiner Schilderung nach war der Verlauf allerdings so: Die Busfahrerin habe die Tasche mit dem Geld unter dem Arm gehabt. Er habe ihr die Tasche weggezogen, den 20-Euro-Schein rausgenommen und ihr die Tasche wiedergegeben. Weggerannt sei er nicht. „Da gab es kein Ziehen und kein Zerren? Die Version ist schwer nachvollziehbar“, bemerkte Richter Amann.
Er wollte noch einkaufen und brauchte das Rückgeld dringend
Aber der Angeklagte blieb beharrlich dabei. Er habe auch die Sache mit dem Gutschein nicht verstanden, sagte er. Erst als er zur Vernehmung bei der Polizei war, habe er verstanden, worum es ging. Er wollte allerdings mit dem Geld noch einkaufen und brauchte das Rückgeld dringend.
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Die Busfahrerin schilderte wie auch ihre beiden Kollgen den Vorfall anders. Sie habe die Tasche eben nicht unterm Arm gehabt, sondern zur Aufsicht einem anderen Fahrer in den Bus gestellt. Dann habe sich B. die Tasche aus dem Fahrzeug geschnappt und sei damit einige Meter weit weggelaufen.
Gutschein kann nicht in Sprockhövel eingelöst werden
Sie sei hinter B. hergelaufen und habe ihm die Tasche wieder entrissen. B. habe aber blitzschnell nicht nur die zwanzig Euro aus der Tasche ohne Reißverschluss herausgenommen, sondern auch noch einen Fünfziger mitgehen lassen. Das bestritt der Angeklagte.
Intensiv ließ sich Richter Amann erklären, wie viel Geld die Busfahrer bei Schichtbeginn mit sich führen und wo man einen solchen Gutschein einwechseln kann. „Nicht in Sprockhövel“, sagten die Fahrer übereinstimmend. Entweder in Ennepetal oder in Schwelm, hieß es.
Fahrer sollen bei Dienstantritt 50 Euro Wechselgeld bereit halten
Die Fahrer schilderten, dass sie gehalten sind, bei Antritt der Arbeit 50 Euro Wechselgeld bereit zu halten. Was man an Scheinen dabei habe, bleibe jedem selbst überlassen.
Da nicht geklärt werden konnte, ob der Angeklagte neben den 20 Euro auch noch einen 50-Euro-Schein aus der Tasche genommen hatte, sah sich das Gericht gezwungen, das Verfahren einzustellen.