Sprockhövel. Die rechte Gruppe „Nordadler“ wurde verboten. Es gab eine Razzia in Sprockhövel. Das Bundesinnenministerium erklärt, was gefunden wurde.
Nach dem Verbot der rechtsextremistischen Vereinigung „Nordadler“ hat es in verschiedenen Bundesländern Razzien gegeben. Durchsucht wurde dabei unter anderem eine Wohnung in Sprockhövel. Die Gesamtzahl rechtspolitisch motivierter Straftaten im Ennepe-Ruhr-Kreis (ohne Witten) ist im vergangenen Jahr geringfügig gesunken. Die Zahl der Anzeigen wegen Volksverhetzung ist allerdings gestiegen.
Razzien in drei NRW-Städten, unter anderem Sprockhövel
Bundesinnenminister Horst Seehofer hat am Dienstag die Vereinigung „Nordadler“ auf Grundlage des Vereinsgesetzes verboten. Im Anschluss gab es Razzien in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen. In NRW wurden drei Objekte in Sprockhövel, Vlotho und Wuppertal durchsucht.
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Dabei wurde vor allem Propagandamaterial sichergestellt. „Es wurden keine Waffen und Sprengstoff gefunden, jedoch ein Baseballschläger. Beschlagnahmt wurden in erster Linie PCs, Laptops und Handys. Darüber hinaus wurden NS-Literatur, Reichskriegsflaggen und andere Devotionalien wie Stahlhelme gefunden“, erklärt ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Festnahmen gab es während der Razzia nicht. Die Betroffenen hätten sich überwiegend kooperativ gezeigt.
Ermittlungen gegen führende Mitglieder von „Nordadler“
Das Ministerium teilt mit, dass die bundesweite Maßnahme sich gegen sieben führende Mitglieder der Gruppierung gerichtet habe. Der Gruppe insgesamt werde eine „mittlere zweistellige Personenzahl“ zugeordnet. Über die Zielperson in Sprockhövel gab der Sprecher keine weiteren Auskünfte.
Insgesamt zählte die Polizei im vergangenen Jahr im EN-Kreis (ohne Witten) 35 Straftaten mit rechtem Hintergrund. Den Großteil davon macht das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen aus (22). Das umfasst zum Beispiel das Zeigen des Hitlergrußes oder das Zeigen von Nazi-Flaggen. 2019 hatte die Polizei noch in 28 derartigen Fällen ermittelt.
Mehr Fälle von Volksverhetzung im EN-Kreis
Angestiegen ist dagegen die Zahl der Volksverhetzungen. Waren es 2018 im EN-Kreis noch zwei Fälle, verdreifachte sich die Zahl bereits im vergangenen Jahr auf sechs Fälle. Insgesamt sank die Zahl rechter Straftaten im EN-Kreis aber leicht – von 39 in 2018 auf 35 in 2019.
Ob in Sprockhövel grundsätzlich rechtsradikale Gruppen oder Personen beobachtet werden, konnte die Polizei in Hagen aktuell nicht sagen. Hagen ist auch für den Ennepe-Ruhr-Kreis zuständig, wenn es um politisch motivierte Straftaten geht. Auch zu Straftaten, die einen linksradikalen Hintergrund haben, konnte die Polizei derzeit keine Auskunft geben.
Ziele und andere Namen von „Nordadler“
Rechtsradikale und Sprockhövel
Es ist nicht das erste Mal, dass Sprockhövel im Zusammenhang mit Rechtsradikalismus auftaucht. So wurde dort 1996 das Musiklabel Dieter Koch Musikverlag (Diko) gegründet, das Rechtsrock vertrieb. Bis 1998 wurden drei Tonträger mit rechtsextremistischer Musik, die auf dem Sprockhöveler Label erschienen waren, von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Inhalte indiziert.
Im März 1998 demonstrierten Bürger gegen den Musikverlag in der Kleinbeck. Einen Monat später wurde der Betreiber wegen Verbreitung von Musik mit rassistischem Inhalt zu einer Bewährungs- und Geldstrafe verurteilt.
Schon 1992 machen rechtsradikale Parteien mit Flugblättern in Sprockhövel gegen Ausländer mobil. Eine Bürgerinitiative protestiert gegen den Bau des Asylantenwohnheims an der Gevelsberger Straße. Nach dem Richterspruch des Oberverwaltungsgerichts Münster konnte das Haus ab August gebaut werden.
Die jetzt verbotene Gruppe „Nordadler“ spricht sich „ideologisch für die Neuerrichtung eines nationalsozialistischen Staates aus. Diesem Zweck sollte als vorbereitende Maßnahme ein Siedlungsprojekt dienen, welches vorsieht, dass die Mitglieder an einem ländlichen Ort zusammenziehen, um unter Gleichgesinnten leben und ihre nähere Umgebung nationalsozialistisch missionieren zu können“, erklärt das NRW-Innenministerium.
„Nordadler“ tritt auch unter den Bezeichnungen „Völkische Revolution“, „Völkische Jugend“, „Völkische Gemeinschaft“ und „Völkische Renaissance“ auf. Die Vereinigung ist nach Auskunft des Bundesinnenministeriums überwiegend auf Telegram und Discord aktiv, aber auch Instagram und Twitter. „Die Internetpräsenzen wechseln häufig. Das Ministerium versucht diese Accounts zu löschen und zu sperren“, so der Sprecher. Die Gruppe sei mit Bezügen zur SS organisiert. Sie bekennt sich zu Adolf Hitler und nutzt nationalsozialistische Symbole.
Drittes Verbot rechter Gruppen
Es ist die dritte rechtsextremistischen Vereinigung nach „Combat 18“ und der Reichsbürger-Vereinigung „Geeinte deutsche Völker und Stämme“, die in diesem Jahr verboten wurde. Insgesamt ist es das 20. Verbot einer rechtsextremistischen Vereinigung durch einen Bundesinnenminister.