Witten/Sprockhövel. An der Hardenstein-Gesamtschule gilt weiterhin “Wittener first“. Doch über eine Beschulungsvereinbarung hätten auch Sprockhöveler eine Chance
Vielleicht könnte die Gesamtschule Hardenstein in Witten bald wieder mehr Kinder aus Nachbarstädten aufnehmen. So diskutieren die Städte Witten und Sprockhövel eine "Beschulungsvereinbarung". Sprockhövel würde sich an den Kosten für den Betrieb der Schule beteiligen, wenn etwa 25 Kinder pro Jahrgang in Vormholz unterrichtet werden. Treibende Kraft hinter den Bemühungen ist die Schulpflegschaftsvorsitzende der Hardenstein-Gesamtschule, Mareike Hesselbein-Heuer. Die Sprockhövelerin ist Mutter von zwei Schülern der Hardensteinschule. Während ihr Sohn nach dem üblichen Anmeldeverfahren aufgenommen wurde, erhielt sie für die jüngere Tochter den Schulplatz nur über ein mehrwöchiges Widerspruchsverfahren. "Geschwisterkinder und Freundschaften werden getrennt, ohne politische Erklärung und Nachvollziehbarkeit", sagt sie.
Bezirksregierung bemängelt fehlende kommunale Zusammenarbeit
Dabei liege eine Lösung auf der Hand, werde aber nicht angegangen, weil die drei Städte Witten, Hattingen und Sprockhövel keine Einigung fänden. Mareike Hesselbein-Heuer schrieb im Dezember Briefe an sämtliche Instanzen: u.a. an die Bürgermeister der drei Städte und NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer. Sie kritisiert darin eine Gleichgültigkeit der Politiker, die Politikverdrossenheit und Unverständnis hervorrufe. "Wir leben alle im Ennepe-Ruhr-Kreis und bauen eine Mauer zwischen den Städten auf." Das Landesministerium bedauert in einem Antwortschreiben die fehlende interkommunale Zusammenarbeit. Auch die Bezirksregierung Arnsberg bemängelt, dass sich "die Kommunen bislang nicht auf eine Zusammenarbeit verständigen konnten". Sie seien aber zuständig.
Ein Angebot aus Witten
Konkret reagiert hat Wittens Schuldezernent Frank Schweppe: Er bot Sprockhövel eine Beschulungsvereinbarung an. Vorbild könnten Verträge zum Betrieb der Förderschule in Witten sein. Hattingen, Herdecke und Wetter schicken Schüler und zahlen einen "Deckungsbeitrag". "Sprockhövel kennt dieses Prozedere, schließlich zahlt die Stadt auch über die differenzierte Kreisumlage für die Kinder, die die Kreisgesamtschule in Haßlinghausen besuchen", sagt der Beigeordnete.
Wittens Schuldezernent: Hardensteinschule ist nicht in Gefahr
Für Kinder aus Wittens kleiner Nachbarstadt ist die Situation schwierig: Die Gesamtschule des EN-Kreises in Haßlinghausen weist jedes Jahr Kinder ab. Ebenso die nächstnähere Hardenstein-Gesamtschule. Weil Witten als Schulträger nur den Bedarf für die eigenen Kinder sichert, werden nur Restplätze an Auswärtige vergeben. Sie ist deswegen auf vier Züge (105 Plätze) gedeckelt, obwohl sie räumlich auch einen fünften Zug für Sprockhöveler einrichten könnte.
Nur 90 Kinder für fünften Jahrgang angemeldet
Für den kommenden fünften Jahrgang haben sich nur 90 Kinder angemeldet. Als möglichen Grund nennt Schuldezernent Schweppe einen geburtsschwachen Jahrgang und den schlechten baulichen Zustand der Schule. Die Bausubstanz stammt aus den 70er Jahren, zurzeit laufen dort Sanierungsarbeiten. Hardenstein mit seiner per Ratsbeschluss festgelegten Standortgarantie sei aber nicht gefährdet, betont Schweppe. Auch nicht, wenn 2021 am Viehmarkt eine dritte Wittener Gesamtschule neu eröffnet.
Für Eltern wäre die Unsicherheit weg
Eine Beschulungsvereinbarung hätte viele Vorteile: "Für die Eltern wäre die Unsicherheit weg und die Hardenstein-Schule könnte stabil kalkulieren, wenn sie wüsste, dass ungefähr ein Zug pro Jahr aus Sprockhövel kommt." Die Stadt Sprockhövel würde sparen, denn ein "Deckungsbeitrag pro Kind fällt niedriger aus als die Kosten für die Beschulung in der Kreisgesamtschule". In einem Treffen am 5. März hätten Bürgermeister, Kämmerer und Schulverantwortliche bereits eine Zusammenarbeit signalisiert.
Gespräch in Hattingen abgesagt
Ein weiteres Gespräch mit Hattingen wurde angesetzt, aufgrund der Coronakrise aber wieder abgesagt, so Sprockhövels Geschäftsbereichsleiterin Evelyn Müller. Seitdem stockt es mal wieder mit der kommunalen Zusammenarbeit. "Das Gespräch mit der Stadt Witten wurde in Sprockhövel positiv aufgenommen. Für uns ist aber klar, dass es auch noch Gespräche mit Hattingen geben muss, weil eben auch viele Sprockhöveler Kinder die Gymnasien und die Gesamtschule Hattingen besuchen. Wenn klar ist, wie Hattingen sich positioniert, werden wir mit Witten in Verhandlungen treten und dann mit den Vorschlägen in die Politik gehen", sagt Evelyn Müller.
2020 bleiben sogar Schulplätze frei
Der Anteil Sprockhöveler Kinder an der Gesamtschule Hardenstein ist in den beiden letzten Jahren deutlich gesunken. Im Sommer 2014 wurden 25 Sprockhöveler Fünftklässler eingeschult, 2015 29, 2016 22, 2017 25. Dann änderte Witten sein Anmeldeverfahren. 2018 wurden zehn Sprockhöveler Kinder aufgenommen, 2019 konnten dies Eltern von Geschwisterkindern nur über ein Widerspruchsverfahren erreichen.
Zum Sommer 2020 gibt es zuwenig Anmeldungen in Hardenstein. Viele Sprockhöveler Eltern sind direkt auf andere Schulformen ausgewichen, so wurden nur neun Kinder angemeldet. Insgesamt sind nur 90 der 105 Schulplätze besetzt.