Sprockhövel. Frühlingswetter plus Corona-Kontaktsperre gleich mehr Motorradfahrer. Im Westen Sprockhövels beginnt das alljährliche Leiden der Anwohner

Wenn schon das gesellschaftliche Leben zum Erliegen kommt und Vereinzelung zum Ziel ausgegeben wird, so drängen viele Menschen bei gutem Wetter entweder in den Garten oder auf das Motorrad, um ein Gefühl von Freiheit zu spüren. In Herzkamp stoßen diese beiden Gruppen derzeit wieder unversöhnlich aufeinander.

Sie hört sie von Schee kommen

Gerlinde Honke-Feuerstack, eine gebürtige Wuppertalerin und überzeugte Herzkamperin, stellt wieder einmal fest: "Nachdem die Elfringhauser Straße mit einem neuen Belag versehen worden ist, ist der Lärm an schönen Tagen für Anwohner schwer zu ertragen." Sie wohnt unmittelbar an der Elberfelder Straße, "und so bekomme ich es auch bereits mit, wenn die Motorradfahrer auf der Höhe von Schee auf der langen Gerade bis zur Firma Wicke beschleunigen, um dann kurz vor dem Geschwindigkeits-Smiley abzubremsen, dann aber wieder mit viel Gas durch den Ortsteil zu fahren."

Politik zeigt kein Interesse

Hilfe von der Politik sei nicht zu erwarten, hat Gerlinde Honke-Feuerstack erfahren. Im vergangenen Jahr hatten sich einige Anwohner des Bandwirkerweges zusammengetan, um eine Geschwindigkeitsbegrenzung an der Ortsausfahrt Elfringhauser Straße zu erwirken. Doch sie scheiterten bereits im Anregungs- und Beschwerdeausschuss, das Thema kommt in den Gremien nicht auf die Agenda. "Schon bei der Erhebung von Geschwindikeitsdaten von offizieller Seite kommen wir nicht weiter, da nur wochentags ab 10 Uhr gemessen wird", sagt Honke-Feuerstack. "Die sollten eher samstags und sonntags messen, wenn die Freizeitbiker vorbeirasen."

Vorbild könnte die Eifel sein

Unverstanden fühlt sich die engagierte Herkamperin auch von Polizei und Landrat, "von denen bekamen wir den Hinweis, etwa in der Region Rursee in der Eifel sei es deutlich schlimmer als hier in Sprockhövel." Nun ist Gerlinde Honke-Feuerstack als Mitglied der Bewertungskommission "Unser Dorf hat Zukunft" mit den Stadtoberhäuptern der Eifel-Gemeinden Hürtgenwald und Simmerath zusammengekommen, die den Motorradlärm jedoch schon lange nicht mehr hinnehmen wollten. Im idyllischen Simmerath-Woffelsbach existiert sogar seit mehr als 20 Jahren ein Motorradverbot an Wochenenden und Feiertagen.

"Zu laut" und "Silent Rider"

Im Frühjahr, als sich die Herzkamper Vereine zur Jahresplanung im Feuerwehrhaus trafen, hatte Honke-Feuerstack von einer Initiative in Hattingen berichtet, die unter dem bezeichnenden Namen "Zu laut" mobil macht gegen hochtourig fahrende Biker. "Wir haben deutlich gemacht, dass wir im Prinzip gar nichts gegen Motorradfahrer haben, es ist eher die Art und Weise des Fahrens, die uns Anwohner regelrecht krank macht", sagt sie Sprockhövelerin. "Silent Rider", zu deutsch etwa leise Motorradfahrer, nennt sich eine Initiative mit Mitgliedern aus ganz Deutschland, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Änderungen bei der Bewertung der Lärmimmission und im Bußgeldkatalog zu erreichen. "Das Engagement muss notfalls bis auf Bundes- oder EU-Ebene wirken", sagt Honke-Feuerstack. Mit den Mitstreitern von "Zu laut" will sie die Arbeit von "Silent Rider" unterstützen. "Die Corona-Krise zeigt uns doch auch, dass wir Regeln und Gebote brauchen und nicht auf Freiwilligkeit setzen können."

INFO

"Silent Rider" ist eine Informations-, Image- und Aktionskampagne gegen unnötigen Motorradlärm in Vereinsform. Er wurde Anfang 2019 vom Arbeitskreis Nationalpark Eifel gegründet.

Die Initiative wendet sichnicht gegen die Motorradfahrer-Community, sondern nach eigener Aussage ausschließlich "gegen unverhältnismäßigen, illegalen Motorradlärm".