Chef der "Schülerhilfe" gibt Auskunft.

Warum benötigen immer mehr Kinder und Jugendliche Nachhilfe? Die Redaktion sprach mit Jochen Ruta. Er ist Lehrer an Berufsbildenden Schulen für die Fächer Politik und Wirtschaft und ebenso Geschäftsmann in Sachen Bildung. In Haßlinghausen und Niedersprockhövel betreibt der 34-Jährige die „Schülerhilfe”.

Eine feste Anstellung kann er sich nicht vorstellen. „Durch den stetigen Wechsel verfalle ich in keine Lehrroutine”, erklärt Ruta. „Je mehr Wert in einer Schule auf Sekundärtugenden wie Erziehung gelegt wird, desto besser ist auch die Leistung der Schüler”, ist er überzeugt. Auch als Inhaber der Schülerhilfezweigstellen stehe er in engem Kontakt zu seinen Schülern und wisse, was sie möchten. Vom Grundschulalter bis zum Meisterjahrgang (ca. 25 Jahre) nehmen Schüler das Angebot an. Sein Ziel sei es nicht, „Genies zu züchten”, sondern die Schüler als Menschen zufriedenzustellen, „dann kommt auch die Leistung von alleine”, ist sich Ruta sicher.

Er verweist auf seinen Werdegang in Sachen Bildung: Realschule, Gymnasium und Studium der Sozialwissenschaften in Bochum. Mit seinem Leben ist er zufrieden, „und genau das möchte ich gerne weitergeben”. Ruta: „Ich sehe den Zusammenhang zwischen einem guten Selbstbewusstsein und Schulnoten. Etwa jeder dritte Schüler, so ist meine Erfahrung, hinkt hinterher.” Dabei werde der Leistungsstand ganz subjektiv von der Klasse wahrgenommen. Wer in der einen Klasse zum unteren Drittel zähle und Nachhilfe benötige, könnte in der Parallelklasse mit der selben Leistung zum mittleren oder oberen Leistungsgefüge zählen und so nie auf die Idee kommen, Organisationen wie die Schülerhilfe aufzusuchen.

Meistens gehe der erste Schritt zu besseren Noten von den Eltern aus, die ihre Kinder anmeldeten. Einmal dabei, so Ruta, seien es die Schüler selbst, die über längere Zeit auf Hilfe drängen. Ruta: „An die 90 Prozent der Schüler erkennen recht schnell eine Besserung und freuen sich darüber.” Meistens seien die Kinder zuvor nicht einfach faul´ gewesen, sondern hätten ihren Fokus einfach auf andere Dinge gelenkt, so seine Beobachtung.

„Wer den Tag über inbrünstig Playstation spielt, ist weder dumm noch faul, sondern verbraucht seine Energie für andere Aktivitäten als für die Schule”, erklärt er das Verhalten. Durch die Bildungsreform bedingte Veränderungen im Lernverhalten von Jugendlichen habe er nur geringfügig bemerkt.

So sieht er im Erlernen der Fremdsprache Englisch schon ab der Grundschule eine gute Chance für eine weitere Schullaufbahn, da man im Kindesalter viel mehr und schneller lerne. Bei Kindern aus Migranten-Familien könne es diesbezüglich allerdings Probleme geben. Die müssten ja gleich zwei neue Sprachen richtig erlernen. Das eigentliche Sorgenkind der meisten Schüler scheine aber klar die Mathematik zu sein.

Geschätzte 45 Prozent aller Nachhilfeschüler kämen wegen Mathe-Schwächen zur Nachhilfe. Eine einleuchtende Erklärung hierfür findet auch Ruta nicht. Er lobt aber die Umstellung des Curriculums dahingehend, dass Mathematik anwendungsbezogener sei und die Schüler sich Zusammenhänge so besser vorstellen könnten. Oft werde er gefragt, warum man Gedichte lesen müsse, wenn der Berufswunsch in Richtung Medizien- oder Maschinenbau-Studium gehe. Dazu Lehrer Ruta: „ Das Basiswissen aller Bereiche ist wichtig, um die vielen Verflechtungen erkennen zu können, genau deshalb sollten Abiturienten auch immer alle Fachbereiche in der Schule abdecken müssen.”