Sprockhövel. . Ulli Winkelmann sieht in den Themen Gemeindefinanzierung und demografischer Wandel die zentralen Herausforderungen für Sprockhövel.

Auf ein Jahr mit Höhen und Tiefen schaut Bürgermeister Ulli Winkelmann zurück. In der Zeit, nachdem der Kämmerer die Haushaltssperre verhängt hat und es um die Verantwortung der aus dem Ruder gelaufener Personalkosten am Rat vorbei ging, stand Winkelmann spürbar unter Druck. Im Gespräch mit Redakteur Matthias Spruck lässt er das Jahr Revue passieren.

Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

Gut. Ich nehme Physiotherapie in Anspruch, das ist auch notwendig bei Schwerstverletzungen, wie ich sie erlitten habe. Es besteht aber dauernd die Gefahr, dass man mehr tut als es der Arzt erlaubt und es objektiv gut ist. Beim Urlaub mit dem Wohnmobil am Bodensee bin ich viel Rad gefahren, das tut gut.

Gewinnt man ein anderes Verständnis von seinem Beruf und vielleicht auch von seinem Leben, wenn man wie Sie gesundheitlich an seine Grenze gekommen ist?

Ich fürchte, für mich gilt das nicht. Im repräsentativen Bereich, wo ich arbeite, lässt sich das aber auch nicht umsetzen. Bürgermeister sein ist ein Full-Time-Job, da kann ich nicht aus Sorge um die Gesundheit die Bremse treten.

Ist es ein Nachteil, an der Spitze einer Stadt zu stehen, ohne über ein solches Maß an Verwaltungskompetenz zu verfügen wie Ihre Mitarbeiter?

Ich meine nein. Wenn man in meiner Position über ein gutes Team verfügt, reicht das. In Nordrhein-Westfalen gibt es 180 Bürgermeister, die als Quereinsteiger ohne Parteizugehörigkeit zu ihrem Job gekommen sind – ich habe regelmäßig Kontakt mit ihnen. Die Vorteile sollten nicht kleingeredet werden: Außerhalb der Rathäuser weht ein anderer Wind, wir kommen mit anderen Sicht- und Herangehensweisen ins Amt.

Verstehen Sie Ihr Amt vornehmlich politisch? In einem früheren Gespräch haben Sie Ihr Selbstverständnis als Moderator erwähnt.

Es ist ein politisches Amt. Und ich betone, dass ich versuche, den Weg aller Parteilosen zu gehen: Die gute Idee muss sich durchsetzen, nicht das Programm von Parteien.

Wie ist Ihr Verhältnis zum Beigeordneten und Kämmerer Volker Hoven?

Sie spielen auf die Auseinandersetzung im Zuge der Haushaltssperre an. Das hatte keine persönlichen Folgen, das wäre auch unprofessionell gewesen. Volker Hoven ist ein exzellenter Verwaltungsfachmann. Es ist gut, so jemanden an der Seite zu haben.

Der Rat ist seit der Ausrufung des Kooperationsbündnisses von SPD, FDP und WfS gespalten. Dessen Mehrheit engt auch Ihre Spielräume ein – oder wie empfinden Sie das?

Ich denke, wir haben da im Stadtrat eine Aufteilung. Und ich wiederhole, dass ich auf die Kraft der guten Idee hoffe. Daher lasse ich mich bei Abstimmungen auch nicht einengen. Ich erwarte nicht von CDU und Grünen, dass sie mir folgen, weil sie sich mir verbunden fühlen.

Der Ton ist seit der Spaltung spürbar rauer geworden in den Ausschüssen und im Rat – besonders Ihnen gegenüber. Wie stecken Sie das weg?

Das ist doch alles noch normal. Ich habe das Verständnis englischer Debattenkultur. Und vergessen Sie bitte nicht, ich komme auch mit Hauptschülern zurecht.

Was ist im zurückliegenden Jahr aus Ihrer Sicht gut, was ist weniger gut gelaufen?

Weniger gut gelaufen ist nach meiner Meinung die Diskussion um die Personalkosten, das hätten wir ruhiger und geschickter anstellen können. Richtig gut dagegen funktioniert die Verwaltung, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen einen sehr guten Job und die Projekte laufen gut.

Das heißt konkret?

Erfolgreich läuft die Beantragung von Fördermitteln, die Einführung von E-Mobilität im Verwaltungsbereich, die Projekte bei Förderprogramm Vital zur Entwicklung des ländlichen Raums. Ich denke an den Erfolg des Trassenvereins bei der Weiterentwicklung der Glückauf-Trasse, wir gehen jetzt den Skaterpark in Haßlinghausen an, auch die Zusammenarbeit mit dem Stadtmarketing läuft jetzt rund.

Bitte benennen Sie die größten Herausforderungen für Sprockhövel.

Der demografische Wandel stellt wohl die größte Herausforderung für unsere Stadt dar, ebenso die Bipolarität von Sprockhövel. Große Bedeutung hat ebenso die Entwicklung von Quartierskonzepten: Wie leben die Generationen zusammen, wie kriegen Opa und Oma künftig ihren Mülleimer vor die Tür? Und was können wir als Stadt da unterstützend tun? Die Gemeindefinanzen sind eine weitere große Herausforderung, und da bin ich einer Meinung mit dem Beigeordneten: Kommunen brauchen deutlich mehr Unterstützung aus Berlin. Nach dem Soli für den Aufbau Ost muss jetzt ein Programm für das Ruhrgebiet folgen.

Mit Mathilde Anneke und Wilhelm Kraft besitzt Sprockhövel gleich zwei historische Persönlichkeiten mit Gewicht. Wird deren Vorbildpotenzial bei der jungen Generation genügend vermittelt?

Bei diesem Thema sind dicke Bretter zu bohren, da muss man dranbleiben. Was die Bedeutung von Anneke und Kraft betrifft, wird nach meiner Beobachtung bereits viel in den Schulen getan – nicht nur zu den Jubiläumsdaten. Aber auch der Heimat- und Geschichtsverein versteht es als seine Aufgabe, Leben und Wirken der beiden für die nächste Generation begreiflich zu machen. Ich finde das sehr vorbildlich