Sprockhövel. . Ulrich Pätzold-Jäger engagiert sich für das Küchenprojekt in Kigali. Zunehmende Fremdenfeindlichkeit beobachtet der 66-Jährige mit Sorge.

Sein Jahr nennt Ulrich Pätzold-Jäger erfüllt – und für viele Außenstehende dürfte dieser Befund wenige Tage vor Silvester wie eine arge Untertreibung anmuten. Der 66-jährige Sprockhöveler ist der Gegenentwurf zum kreuzworträtselnden Rentner, nach Möglichkeit viel unter Menschen und in der Öffentlichkeit für Menschen in Aktion. Auftritte etwa bei der Versteigerung des Zifferblattes für den Erhalt der Zwiebelturmkirche oder als Drehorgelmann bei der Sieben-Brücken-Aktion auf der Glückauf-Trasse machen den Herrn mit der markanten Frisur und der schönen Singstimme in seiner Heimatstadt populär, gar nicht zu reden von Vorträgen vor kleinerem Publikum und in Vereinen. „Mein Leben ist überdies reich durch Freundschaften, die ich mit Menschen aus vielen Ländern pflege, die meine Frau und mich besuchen kommen und die ich meinerseits besuche.“

Ablehnung von „Latrinenparolen“

Besonders intensiv hat Pätzold-Jäger für ein Herzensprojekt getrommelt, das jungen Menschen in Kigali/Ruanda helfen soll, auch in dieser Zeitung wurde darüber berichtet. Seit November 2017 engagiert sich der ehemalige VHS-Abteilungsleiter, der fließend Englisch, Französisch und Spanisch spricht, für ein Kantinenprojekt dort für Straßenkinder. „Die Küche war in einem furchtbaren Zustand, der Speisesaal bereits eingestürzt“, berichtet er. Zurück in Sprockhövel entschloss er sich zu helfen, sammelte insgesamt 6363 Euro aus dem Verkauf eines Kochbuchs und dem Erlös aus Vorträgen, motivierte größere Spender auch aus Rheinland-Pfalz, so dass am Ende der Eigenanteil von 11.200 Euro erreicht war, den das Land Rheinland-Pfalz als Eigenanteil in eine Förderzusage über 42.000 Euro einrechnete. „Jüngste Nachricht aus Kigali ist, dass die Maurer bereits das Fundament gebaut haben. Möglicherweise werden Küche und Speisesaal bis Ende Januar fertig“, freut er sich.

Der gebürtige Wittener versteht sich als Christ, „wem es dreckig geht, dem soll geholfen werden“. Das hat er bereits als Kind zu Hause vorgelebt bekommen, und seine zumeist positiven Erfahrungen aus Kontakten in zahlreiche Länder haben ihn immer in der Überzeugung bestärkt, „dass wir versuchen sollten, diese Welt ein bisschen besser zu machen.“ So war er seinerzeit in Nicaragua in ein Brillenprojekt involviert, und so will er jetzt in Indonesien weiter machen.

Doch hat sich die Stimmung gegenüber Fremden auch in Deutschland deutlich eingetrübt, abzulesen in Wählervoten, die national empfindendem und ausländerfeindlichem Denken mehr Gewicht und politischen Gestaltungsraum geben wollen. Pätzold-Jäger ist das auch in seinem persönlichen Umfeld nicht verborgen geblieben. „Ich finde das schlimm. Frühere Mitstreiter verhärten sich plötzlich in ihrer Einstellung, verlieren ihre Offenheit und fallen rein auf Fake News, weil sie nicht kritisch hinterfragen“, klagt er.

Helfen mache einfach froh. Er ist sicher, dass der persönliche Umgang etwa mit Migranten und Flüchtlingen immun mache gegen deren pauschalisierende Ablehnung. „Jeder Mensch auf dieser Welt sucht doch nur sein kleines Glück. Und diese Erkenntnis ist für mich Ansporn, weiter meine Hilfe anzubieten.“