. 2017 fand in Sprockhövel eine wissenschaftliche Tagung zum 200. Geburtstag von Mathilde Anneke statt. Die Beiträge gibt es jetzt in Buchform.

Vor 50 Jahren war sie noch gänzlich unbekannt, diese Mathilde Franziska Anneke. Im vergangenen Jahr, zum 200. Geburtstag, gab es sogar eine Anneke-Woche in ihrer Geburtsstadt Sprockhövel. Neben Konzerten, Exkursionen und Theater gehörte auch eine wissenschaftlichen Tagung zur Veranstaltungsreihe. Die Beiträge der sechs beteiligten Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen sind nun in einem Buch versammelt und wurden gemeinsam mit Bürgermeister Ulli Winkelmann und Christopher Terkuhlen von der Sparkasse Sprockhövel in der Artothek vorgestellt.

Quellen warten auf Auswertung

Die berühmteste Tochter Sprockhövels setzte sich für die Gleichberechtigung der Frauen in Deutschland und den USA ein, war eine Freidenkerin. Sie war eine der prägnanten Frauenrechtlerinnen des 19. Jahrhunderts, gab die erste deutsche Frauenzeitung heraus und kämpfte in Amerika gegen die Sklaverei. Die wissenschaftliche Beiträge zu dieser „Lichtgestalt für Deutschland“ beleuchten einzelne Aspekte der Anneke-Forschung, die Historikerin Irina Hundt etwa stellt fest, dass in den 80er- und 90er-Jahren viel, ab 2000 dann deutlich weniger über Mathilde Anneke gearbeitet wurde. Keine andere Frauenrechtlerin habe so viel Quellenmaterial hinterlassen wie sie. Eine Erschließung dieser Quellen sei eine zuverlässige Basis, um Lücken in der Mathilde-Anneke-Forschung zu schließen. Die Münsteraner Zeit der Anneke, wo sie für zahlreiche Zeitungen schrieb, ist ebenso wenig erschlossen wie ihre Zeit im amerikanischen Exil, wo sie auch reformpädagogische Überlegungen anstellte und eine Beziehung hatte zur dortigen Arbeiterbewegung.

Wilfried Korngiebel beschäftigt sich in seinem Beitrag mit den Zeitungen NRZ und Neue Kölnische Zeitung der Vormärz-Zeit, Irmgard Stamm beleuchtet das Scheitern des Badisch-Pfälzischen Feldzuges 1849, in dessen Folge die Anneke und ihr Mann Fritz fliehen mussten. Hier wird das hohe Maß an heute fast unverständlichem Idealismus der Eheleute Anneke veranschaulicht – aber auch, dass Demokratie erkämpft werden muss. Susanne Slobodzian untersucht Annekes politische Frauenfreundschaften in Europa und den USA, die auch Ausdruck fanden in zahlreichen Briefen; die in Oxford lehrende Birgit Minkus schließlich nähert sich dem Thema Menschenrechte über Texte von Mathilde Anneke an. Korngiebel und Slobodzian betonten, Leben und Wirken Mathilde Annekes seien trotz zahlreicher ambitionierter Detailforschungen noch ein weites Feld für die Wissenschaft. „Die Vermittlung dieses vorbildlichen Lebens einer Frau im 19. Jahrhundert an die nächsten Generationen ist wichtig“, sagte Wilfried Korngiebel.