Sprockhövel. . Albrecht van Well und Felicitas Blasius-Taetz fahren mehr als 700 Kilometer ins sächsische Oelsnitz. Sie wollen die Partnerschaft aufleben lassen.

Die beiden müssen niemandem mehr etwas beweisen. „Wir sind schon mit normalen Fahrrädern und nur mit Muskelkraft von Cuxhaven bis nach Prag geradelt, das waren runde 1000 Kilometer“, sagt er. In wenigen Tagen, am 23. Juli, werden Albrecht van Well und seine Lebensgefährtin Felicitas Blasius-Taetz auf ihre E-Bikes steigen, ihrer Familie Lebewohl sagen und zu einer Tour ins Erzgebirge aufbrechen. Ziel ist dort das Städtchen Oelsnitz, doch im Gegensatz zu früheren Fahrten steuern die beiden Haßlinghauser diesmal eine Partnerstadt von Sprockhövel an, insofern ist es nicht allein Lustreise, sondern auch Mission.

„Der Kontakt zwischen den beiden Städten dümpelt allenfalls vor sich hin, da muss sich etwas ändern“, sagt Albrecht van Well. Wie kann man die Partnerschaft, die doch nach der Wende mit soviel Euphorie begründet worden war, wiederbeleben, hatte sich der 69-Jährige schon oft gefragt. „Wir wollen den Bürgern diese Verbindung zwischen West und Ost in Erinnerung rufen“ – indem van Well und Blasius-Taetz die Distanz von runden 720 Kilometern mit dem Rad bewältigen.

Auch nach South Kirkby sind sie geradelt

Ähnliches haben sie vor einigen Jahren schon einmal getan: Da fuhren sie nach Rotterdam, nahmen die Fähre nach Hull und radelten linksseitig in England zur anderen Partnerstadt Sprockhövels, nach South Kirkby.

Bürgermeister Ulli Winkelmann, selbst ein begeisterter Sportler, hat die beiden ins Rathaus eingeladen, um sie mit guten Wünschen zu verabschieden. „Am liebsten wäre er mitgeradelt“, erzählt Felicitas Blasius-Taetz, doch die Urlaubspläne des Stadtoberhauptes hätten das nicht zugelassen.

Schon seit Wochen ist der Ablauf der Tour an einen der östlichsten Punkte der Republik geplant, zumindest die Etappenfolge. Zehn bis elf Tage soll die Expedition dauern, also weniger als 100 Kilometer Tagespensum, „ist ja schließlich auch kein Wettkampf“, sagt die 65-jährige Lehrerin.

Die Landschaft ist wunderbar

Außerhalb von Sprockhövel geht es über Hamm, Paderborn und Höxter zum Weserradweg, von dort bis zur Werra-Mündung, dem ehemaligen Grenzfluss zur DDR. „Landschaftlich auch bis hierhin ist das einfach wunderbar“, verrät der ehemalige Steuerberater.

In Thüringen werden sie über Eisenach und Gotha auf dem Thüringischen Städteradweg fahren, „vorbei an vielen schönen Städten wie Erfurt, Weimar, Jena und Gera, auf die wir uns freuen“, sagt die Radlerin. In Summe werden es 712,7 Kilometer sein, wenn sie Oelsnitz erreicht haben; im Teutoburger Wald und auf der letzten Etappe im Erzgebirge wird es sehr hügelig sein, daher die Entscheidung des Duos für Fahrräder mit elektrischem Hilfsmotor. „Aber zwischendurch haben wir die Muße, auch mal für einen kurzen Abstecher den Radweg zu verlassen“, betont van Well. Die Wartburg bei Eisenach wäre vielleicht so ein Zwischenziel.

Mehr als 15 Kilogramm kommen nicht mit

Diese Großzügigkeit beim Verweilen endet jedoch beim Thema Gepäck. „Mehr als 15 Kilogramm werden wir in Satteltaschen verstaut nicht mitführen – und dabei ist das Ladegerät neben etwas Werkzeug noch das, was am meisten auf die Waage bringt“, sagt Albrecht van Well.

Reizvoll ist die Reise nach Osten auch, weil sich abseits der Route eine Infrastruktur für Radtouristen ausgebildet hat. „Mechaniker findet man da immer wieder, Läden mit Ersatzteilen, aber auch auf unsere Bedürfnisse zugeschnittene Gastronomie und Übernachtungsmöglichkeiten, so dass wir noch nicht einmal vorher buchen mussten“, erzählt Felicitas Blasius-Taetz.

Zurück geht’s mit der Bahn

In Oelsnitz wird der Partnerschaftsbesuch übrigens erwartet. „Da wird der Bürgermeister sein, aber auch das Ratsmitglied Matthias Brunner, der in Oelsnitz für die Pflege der Städtepartnerschaften zuständig ist“, informiert van Well. Abzusehen ist auch, dass das örtliche Magazin-Medium „Der Volksbote“ ein Porträt über den Besuch der Wessis veröffentlichen wird.

Albrecht van Well, der in Sprockhövel seit vielen Jahren der Freiwilligen Feuerwehr angehört und auch über diese Schiene Kontakt zur Partnerstadt hielt, hofft, dass in den nächsten Jahren viele Bürger beider Städte der Radfahr-Mission folgen könnten und der Kontakt auf diese Weise belebt würde.

Zurück werden die beiden drahtigen und beneidenswert durchtrainierten Sprockhöveler übrigens mit der Bahn fahren. Albrecht van Well: „Aber auch dann wird es unter dem Strich eine Reise mit sehr geringem Ausstoß an Kohlendioxid sein.“