Geologin Antje Selter bietet am 14. Juli wieder eine Exkursion im Steinbruch an. Interessierte lernen mit Hammer und Helm die Geschichte der Erde zu verstehen.
„Sie müssen unbedingt mal in einen Stein beißen. Hier probieren Sie mal“, sagt Diplom-Geologin Antje Selter im Steinbruch Weuste. Wie bitte? „Ja, dieser hier schmeckt nach Heilerde, merken Sie?“ Was wie ein Witz klingt, ist für die Geologin nicht außergewöhnlich.
„Im Grunde gibt es fünf Unterscheidungen: Ton, Silt, Sand, Kies und Stein. Kies und Stein sollte man aber nur probieren, wenn man einen guten Zahnarzt hat“, scherzt sie. Während die energiegeladene Dame durch den Steinbruch führt, erzählen auch dem Laien die Steine plötzlich die Geschichte der Erde. Unfassbar spannend. „Hier, wo wir jetzt stehen, rauschte das Meer“, erklärt die zierliche Wissenschaftlerin, die mit ihrer Firma „Geotouring – Agentur für Eventmanagement“ Kindern und Erwachsenen die Entstehung und Veränderung der Erde bis zum heutigen Tag so faszinierend beibringt, dass man aus dem Staunen nicht herauskommt.
Im Natursteinbruch Weuste, wo der berühmte Ruhrsandstein abgebaut wird, liegen die ältesten und südlichsten Flöze des Ruhrgebiets: Das rund 20 bis 30 Zentimeter mächtige Sengsbänksgen und die Sengsbank. Je tiefer man in den Steinbruch vordringt, desto schneller wird klar: Steine sind nicht einfach tote Masse. Steine tragen die Geschichte der Erde in sich, man muss sie nur verstehen können. Antje Selter ist quasi die Übersetzerin zwischen dem, was die Karbonschichten zu sagen haben und den wissbegierigen Zuhörern.
1955 entdeckte der Heimatforscher Erich Schultze-Gebhard im Steinbruch Weuste eine Steilwand aus Feinsandstein, in der Wellenrippelmuster zu sehen sind. „Diese Wand ist vor ungefähr 318 Millionen Jahren unter unheimlichen Druck entstanden. Das, was Sie jetzt sehen, ist Meeresboden, der im Grunde hochgestellt ist“, erklärt die Geologin. „Es ist das Wellenrippelmuster eines Gewässerbodens, wie man es von der Nordsee her kennt. Nur da verschwindet das Muster wieder mit der nächsten Welle. Hier, wo wir jetzt stehen, war in der Karbonzeit ein riesiger Ozean.“ Durch die Bewegungen der Erdkruste und dem Verschieben der Kontinentalplatten hat sich die Lage von Sprockhövel von der Oberkarbonzeit bis heute langsam, aber stetig nach Norden verlagert. „Wenn wir uns eine Vorstellung davon machen wollen, wie alt die Erde ist und seit wann der Mensch existiert, dann kann man das auf einem Zeitstrahl erklären“, sagt Antje Selter. Sie breitet die Arme aus. „Von der linken äußersten Fingerspitze bis zur anderen Fingerspitze ist die Erde entstanden. Und die oberste Kante des Fingernagels, ist die Zeit, in der der Mensch auf der Erde existiert.“
Die Geologin hat eine faszinierend bildhafte Sprache, macht auf diese Weise klar, was für Menschen eigentlich unfassbar ist: Die Millionen Jahre, die die Welt existiert und das winzige Stück Menschheitsgeschichte.
Die temperamentvolle Frau mit der positiven Ausstrahlung ist bei den Exkursionen, die sie anbietet, nicht wiederzuerkennen. Dann trägt sie, wie es Vorschrift ist, feste Schuhe, wetterfeste Kleidung und Helm und schafft es sofort, Kinder und Erwachsene gleichermaßen mit ihrem Wissen zu fesseln. Mit einem stabilen Hammer in der Hand, den jeder mitbringen muss und Tüten oder Behälter, geht es dann zur Sache. Unter Anleitung werden die Exkursionsteilnehmer zu Forschern, gucken neugierig, ob sie in Steinen Abdrücke von Pflanzen finden und dürfen die Kostbarkeiten der Erde tatsächlich mit nach Hause nehmen.