Die Stadtarchivarin ist seit Monatsanfang offiziell im Ruhestand, arbeitet aber stundenweise weiter beim Umzug des Archivs nach Hattingen.


Dass sie ihr Berufsleben im Stadtarchiv zubringen würde, war zu Beginn der neunziger Jahre nicht Teil der Lebensplanung von Karin Hockamp. Aber nach ihrem Lehramtsstudium der Fächer Geschichte und Sozialwissenschaft fürs Gymnasium gab es damals für eine ganze Generation von Uni-Absolventen keine Verwendung im Staatsdienst. „Und als alleinerziehende Mutter einer kleinen Tochter musste eine Stelle her“, erzählt Karin Hockamp. In Sprockhövel wurde 1991 für das 1986 eingerichtete Archiv eine Leiterin gesucht, die junge Frau griff zu.

Historische Grundlagenforschung

In diesen Tagen wirkt Karin Hockamp entspannt. Seit Anfang Juni ist sie im Ruhestand, das Archiv ist geschlossen – und trotzdem ist sie, die drei Fahrradminuten von ihrer früheren Arbeitsstelle entfernt wohnt, immer noch oder wieder da. „Ich habe mich mit meinem Arbeitgeber geeinigt, erstmal sieben Stunden pro Woche weiter zu arbeiten“, sagt sie. Das ist bitter nötig, denn das Stadtarchiv zieht im Laufe des August komplett nach Hattingen um (wir berichteten). Für den Knochenjob gibt es spezielle Umzugsunternehmen für Bibliotheken und Archive, die sensibel verpacken und transportieren. Da müssen Karin Hockamp und ihre beiden Teilzeitunterstützungen also nicht ran, aber die Fachfrau hat Regalpläne erstellt, damit hier eingepackte Zeitungsbände, Urkunden, Aktenbestände des Einwohnermeldeamtes oder Vereinsunterlagen im Rauendahl auch am richtigen Platze wieder aufgestellt werden können. „Hattingen ist eine gute Wahl“, sagt sie, „schon vor Jahren hatte ich diese Lösung für unsere beengten Verhältnisse angeregt.“

Alles in allem geht die Archivarin, die acht Stunden pro Woche für ihr Engagement in der Lokalen Agenda freigestellt war, im Guten. „Die personelle und finanzielle Ausstattung stimmte, und alle Sprockhöveler Bürger, die mit dem Archiv zu tun hatten, haben mir durchaus Anerkennung zuteil werden lassen.“

Das ist freilich untertrieben. Karin Hockamp hinterlässt etliche Publikationen, die sie allein oder in Zusammenarbeit etwa mit Hans-Dieter Pöppe verfasste. Sprockhövel, das aufgrund seiner Zweipoligkeit ein Identitätsproblem zu haben scheint, bekam von Karin Hockamp fundierte Beiträge zur historischen Grundlagenforschung, die WAZ-Serie über Bauernhöfe etwa wäre ohne ihre Kenntnisse und ihre Hilfe nicht möglich gewesen.

Ein Projekt hebt sie besonders hervor: 2002 erschien nach langer Recherche ihr „Stadtplan: Sprockhövel im Nationalsozialismus“, wo sie die braune Geschichte der Stadt aufarbeitete. „Es gab teils heftige Widerstände“, sagt sie, denn aufgeführt wurden in dem großflächigen Faltblatt auch die Namen von Bürgern, die unter den Nazis richtig Karriere gemacht hatten.