Sprockhövel. . Hans-Gunnar Klewer befasst sich leidenschaftlich mit Weinbau. In diesen Tagen wird bei Hof Hummelsiepen geerntet. Die ganze Familie packt an.
Ein letztes Mal küsst an diesem supersonnigen Oktobertag die Sonne die Sprockhöveler Trauben von Hans-Gunnar Klewer. Denn jetzt wird die Rieslingsorte geerntet und gekeltert. Sieben Jahre jung sind die 100 Rebstöcke auf dem Hof Hummelsiepen. Was für eine verrückte Idee – Weinbau in Sprockhövel? „Willst du das wirklich machen“, hat ihn sein Berater Johannes Löwen, Weinbauer von der Mosel gefragt.
Klewer wollte. Seine Leidenschaft, Wein für den eigenen Bedarf herzustellen, hat ihn schon zum Fachmann gemacht. „Es ist außer Sonne auch viel Wissen und noch mehr Erfahrung nötig, um guten Wein herzustellen“, sagt Klewer. Dass ihm Erfahrung noch fehlt, hat er im vergangenen Jahr gemerkt. Da wurden die Trauben von einer Krankheit befallen, weil es immer nur nass und warm war, er erntete nur 50 Liter. In diesem Jahr ist er nicht nur schlauer, in den vergangenen Monaten waren auch die Wetterbedingungen deutlich besser. „150 Liter werden es dieses Mal auf jeden Fall“, freut er sich. Und: Ihn hat mittlerweile der Ehrgeiz gepackt. Über die zusätzliche Wochenendarbeit – schließlich hat er einen ganz anderen Beruf – kommt ihm kein schlechtes Wort über die Lippen. „Wir sind ein Familienbetrieb, also packen auch alle mit an“, sagt er.
Während Vater Hans-Friedrich die letzten Trauben abschneidet, presst er mit dem Schwiegersohn vorsichtig per Hand die Trauben durch die Obstmühle. Was dann herauskommt, ist die Maische. „Wenn man das nicht vorsichtig macht, Kerne und Haut anquetscht, werden die Gerbstoffe frei und das will man ja vermeiden.“ Nun wird die Maische in die Weinpresse gefüllt. Es ist ein hohes, rundes Sieb, eine oben offene Trommel, in deren Mitte sich ein länglicher Sack befindet. Wenn die Trommel randvoll mit ist mit Obst, dreht der Hobbyweinbauer vorsichtig den Wasserhahn auf, der Sack in der Mitte füllt sich mit Wasser und die Trauben werden vorsichtig zwischen Wassersack und Siebwand ausgepresst. Durch die Sieblöcher fließt der Saft in einen großen Behälter. Immer wieder misst Klewer mit dem Refraktometer den Oechslegrad, den Zuckergehalt der Trauben. 65 Oechsle liest er ab. Nicht schlecht für diese Breitengrade, „aber 85 wären mir natürlich lieber“, sagt er. Jetzt weiß Klewer, wie viel Zucker er später für einen schmackhaften Wein zugeben muss: 40 Gramm Zucker je Liter. Den köstlichen Saft, den an diesem Morgen auch einige Wespen lieben, füllt der 57-Jährige dann in den „Immervolltank“, in dem Wein unter Zusatz von Hefe vergoren wird. Der spätere Wein sieht trüb aus. „Aber wenn die Hefe nach einigen Wochen den Zucker in Alkohol umgewandelt hat, sterben die Hefebakterien und setzen sich auf dem Grund ab. Die Flüssigkeit wird immer klarer.“
Während dieses Gärvorgangs bilden sich Gase. Damit die entweichen können, befindet sich am Tank ein gläserner Gärspund, der aussieht wie ein Siffon am Waschbecken. „Wenn dann irgendwann Ruhe ist und nichts mehr blubbert, ist der Gärvorgang abgeschlossen. Dann bekommt der Wein noch ein paar Gramm Schwefel zugesetzt, damit der Sprockhöveler Tropfen haltbar wird. Bis Februar ist dann erst einmal Ruhe. „Dann wird der Säuregehalt erneut gemessen und ein Ausgleich mit Kalinat vorgenommen“, sagt Hans-Gunnar Klewer. Bis April, Mai reift der Wein im Stahltank. Dann erst wird in Flaschen abgefüllt. „Der Weinanbau ist wirklich eine Wissenschaft für sich“, sagt der Sprockhöveler.