Seit acht Generationen ist Gut Hünninghausen in ihrem Besitz.Doch die Kinder von Klaus Hiby werden den Hof nicht fortführen.

„Wissen Sie, was Hausen bedeutet?“, fragt Klaus Hiby vom Hof Hünninghausen in Hiddinghausen und liefert die Erklärung gleich mit. „Hausen, damit war früher immer ein Gebäude, ein Haus, gemeint. Daher gibt es heute noch so viele Ortsnamen mit -hausen.“ Seit acht Generationen ist das Gut Hünninghausen im Besitz der Hibys. 1726 wurde das Haus erbaut, das beweist die Inschrift, die im Kamin eingraviert ist.

Doch die Geschichte scheint noch viel älter zu sein. Der Name Hünninghausen soll über 1000 Jahre alt sein. Schon im 8. Jahrhundert kamen Menschen aus Sachsen. „Die Siedler hatten sich damals an einer besonders günstigen Stelle niedergelassen“, schrieb im Januar 1993 der Generalanzeiger in einem Interview mit dem damaligen Stadtarchivar von Schwelm, Gerd Helbeck. Die Menschen lebten von Landwirtschaft, aber der Boden rund um Sprockhövel war alles andere als ertragreich. In Hiddinghausen aber war das Land ausgesprochen fruchtbar, und so mussten die sieben Hiddinghauser Höfe an die Grafschaft Mark hohe Steuern entrichten.

Klaus Hiby hütet den Familienschatz, die Chronik, die noch in altdeutscher Schrift mit Gänsekiel geschrieben wurde, wie seinen Augapfel. „Mein Urgroßvater, der Bürgermeister von Schwelm war, konnte die Schrift noch lesen“, sagt er. Aber heute ist die Schrift von den meisten nicht mehr zu deuten. Das heißt natürlich nicht, dass der 69-Jährige die Schriftstücke nicht zu schätzen weiß. Er hat sie allesamt dem Archivar von Schwelm in die Hand gegeben, damit das Wissen für folgende Generationen nicht verloren geht. Aber weil er fürchtete, nicht mehr an die Originale zu kommen, war er beim Kopieren anfangs immer mit dabei und ließ die handschriftlichen Dokumente nicht aus den Augen. Erst als er Gewissheit hatte, dass die Schreiben aus früheren Jahrhunderten nicht verloren gehen, durfte der Archivar ohne Kontrolle kopieren. Jetzt liegen die Schriftstücke als Kopie im Archiv in Schwelm. Die Originale hat Klaus Hiby in seiner Schatztruhe zu Hause.

Wie geht es weiter mit Hof Hünninghausen? Das Gut übernehmen wollen weder Sohn noch Tochter. Schmerzt das, wenn so ein traditionsreicher Hof nicht in den Händen der Kinder bleibt? „Ach, man muss ja auch bedenken, dass sie mit so einem Hof nie Freizeit haben, nie in Urlaub fahren können, nie Sonn- oder Feiertage haben. Es gibt immer nur Arbeit. Für mich ist es verständlich, dass die Kinder das so nicht weitermachen wollen“, erklärt Klaus Hiby und scheint mit sich im Reinen zu sein.

Die Tochter ist Reitlehrerin geworden und wohnt in Hessen, der Sohn, ein IT-Fachmann, packt nach wie vor mit an, wenn es nötig ist. Die Familie hat einen großen Zusammenhalt. Er selbst hat vor knapp 15 Jahren seine Milchkühe abgegeben, das brachte Entspannung. Die Ehefrau von Klaus Hiby hat einen guten Beruf, der nichts mit Landwirtschaft zu tun hat. Und so ganz raus aus dem Arbeitsleben ist Hiby mit seinen 69 Jahren auch nicht. Zehn eigene Pferde hat er noch, darunter ein dreijähriges Wildpferd aus Dülmen, „ein echter Donnerkiel“.

Früher Reiten, jetzt Pferdehaltung und Jagen, das sind seine Leidenschaften, denen er immer noch nachgeht. Auch Urlaub kann er mit seiner Frau machen; ein ganz neues Lebensgefühl nach Jahren des Gebundenseins. Langweilig wird es für ihn auch heute nicht. Vor Jahren gab es mit einem Nachbarn einen Wasserstreit, der hatte Hiby die Akeldruft zugekippt. „Das sind noch aus früher Zeit die Wasserabläufe, denn wir haben ja hier keine Rohre.“ Die zwangsläufige Folge: Bei Hibys lief das Wasser nicht mehr ab, dafür aber zurück ins Haus und sorgte für eine Überschwemmung. „Daraufhin habe ich aus den Akten von 1854 die Wasser- und Wegerechte rausgesucht und klargestellt, dass das so nicht geht.“ Jetzt ist alles wieder in Ordnung und der nachbarschaftliche Friede wieder hergestellt.