Sprockhövel. . Ein 400 Jahre altes Dokument lässt Geschichte des Hofes am Rand von Obersprockhövel lebendig werden. Heute lebt hier Familie Hummelsiep.
Als großen Glücksfall für ein Kommunalarchiv bezeichnet Stadtarchivarin Karin Hockamp ein Schriftstück aus einem Nachlass, das Auskunft über den Hof Kreßsiepen gibt. 400 Jahre hat das Dokument überlebt. Der Kreßsiepen liegt am südwestlichen Rand Obersprockhövels unterhalb des Winterbergs und oberhalb des Felderbachtals an der Grenze zu Gennebreck und den Hattinger Ortsteilen Oberstüter und Oberelfringhausen. Der Name leitet sich vom germanischen Kreft oder Kraft ab.
Ein Siepen ist eine Geländeform, meist eine feuchte Wiese oder eine Wiese mit Bachlauf. Mit zwei Gulden Steuern, die nach dem Wert des Hofs bemessen wurden, gehörte der Kreßsiepen zu den mittelgroßen der 49 Höfe und Kotten in der damaligen Bauernschaft Sprockhövel. Die Besitzer hatten aus den Lagerbüchern der „Reichßabteyen“ Werden Abschriften der Pachtverträge anfertigen lassen. Das „Pfachtgutt Kreßsiepen in der Botzeler Marck gelegen“ gehörte demnach der Abtei Werden, die zahlreiche Höfe nicht nur in dem Raum besaß und diese an die Bauern übertrug.
Der Abt von Werden war Herr der Bosseler Mark und übte hier die Jagd aus. Im ältesten Schriftstück heißt es: „Anno 1628 den zweiten Oktober ist Georg Kreßsiepen und seiner zukünftigen Hausfrau ausgetan und verpachtet ihrer beider Leben lang das Gut Kreßsiepen mit allen seinen Ein- und Zubehörungen, dergestalt, dass (sie) davon jährlich an Pacht geben sollen fünf Taler Hattinger Währung und der Kirche zu Sprockhövel auf Ostern zwei Maß Wein und auf Jacobi siebenundzwanzig Heller zum Verzins.“
1707 kam es zum Rechtsstreit mit den Erben, das heißt mit den Teilhabern, den Nutzern der Bosseler Mark. Dieses Landstück war gemeinschaftlich genutztes Land, überwiegend Wald und Weideland. Die Markenerben waren in der Markgenossenschaft organisiert. Die Erben der Bosseler Mark – den Namen hatte der große Hof Bossel gegeben – behaupteten, der Hof Kreßsiepen sei Bestandteil der Mark und schulde die Pacht damit der Markgenossenschaft. Offensichtlich hatten sie Anton und Elisabeth Kreßsiep von ihrem Hof vertreiben wollen oder tatsächlich vertrieben und die Zäune um den Hof entfernt.
Rechtsstreit um die Existenz
Das existenzbedrohte Ehepaar schaltete einen Anwalt ein, der für die Tat eine „tapfere Geldstraffe“ forderte. Im Juli 1707 gab es ein Gerichtsurteil. Das bestätigte die Kreßsieps in ihren Rechten als Besitzer des Hofes, gestand aber auch den Markenerben-Anspruch auf eine Pachtsumme zu. Die Markenerben verpflichteten sich, den Kotten wieder abzutreten und einzuzäunen. Das Ehepaar durfte ein Leben lang bleiben, wurde aber schriftlich verpflichtet, eine genau festgelegte Pacht zu bezahlen und Gebäude, Hof und Ländereien zu erhalten. So sollte es auch für ihre Kinder gelten.
Als in der weiteren Nachfolge Hans Peter Kreßsiep 1789 den Hof übernahm, verpflichtete er sich vertraglich, seinen vier Geschwistern einen Brautwagen unter anderem mit folgendem Inhalt mitzugeben: „ein unsträflich vollständiges Bett, sechs Stühle und eine Milch gebende Kuh.“
Zum Ende des 19. Jahrhunderts verließ die Familie den Hof. 1933 erwarb der Sprockhöveler Steiger Karl Hummelsiep das Anwesen für seinen Sohn Emil. „Der Hof hat auch unter seinem jetzigen Besitzer Friedrich Hummelsiep alle Krisen der Landwirtschaft überstanden und ist heute größer als jemals zuvor“, berichtet Stadtarchivarin Karin Hockamp. Zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das alte Fachwerk-Haupthaus zerstört. Ein Nebengebäude aus alter Zeit ist aber noch vorhanden.