Trotz Abgaben, die die Bauern leisten mussten, waren sie selbstbewusste Partner der Grundherren. Sie ließen sich von Titeln wenig beeindrucken.

Im Südwesten des Stadtgebietes, in der früheren Bauernschaft Gennebeck, ist eine Hofstelle, die - laut Stadtarchivarin Karin Hockamp - als eine der schönsten Westfalens galt: Am Großen Siepen. An der Stelle des Einfamilienhauses im Mittelpunkt der Anlage, stand bis 1918 das imposante Haupthaus, das aus mehreren Bauabschnitten bestand.

Der Baustil weise ins 17. Jahrhundert und man erhalte einen Eindruck vom Wohlstand und Geschmack der damaligen Besitzer. Die erhaltenen umliegenden Gebäude, der Getreidespeicher stammt aus dem Jahr 1597, erzählen vom Wirtschaften und Leben in einem bäuerlichen Betrieb aus dem Hochmittelalter, so die Archivarin, die viel über die Bauernhöfe in Sprockhövel geforscht, geschrieben und berichtet hat.

Karl der Große soll sein Pferd hier getränkt haben

Die ersten Gebäude des Hofes hätten mit Sicherheit ein ganz anderes Aussehen gehabt, viel einfacher. Holz wurde in damaligen Jahrhunderten sehr viel verwendet, weil es einfach noch sehr viel mehr Holz gegeben habe. Im 18. Jahrhundert etwa hätte kaum eine heimische Eiche eine Chance bekommen, eine Stärke zu erreichen, wie man sie am Speicher- und Backhaus des Großen Siepen sehen könne. In der Familie der Eigentümer ist eine Legende überliefert, derzufolge Kaiser Karl der Große sein Pferd an dem zum Hof gehörenden Teich getränkt hätte. Das hält Karin Hockamp zwar für unwahrscheinlich. Sicher sei dagegen, dass der Große Siepen wohl zu der ältesten Grundherrschaft in der Gegend gehört, zum Schwelmer Fronhof.

Dieser Hofverband erstreckte sich vom Gebiet der heutigen Städte Ennepetal und Gevelsberg bis nach Hiddinghausen im Norden. Zahlreiche Höfe, erklärt die Archivarin, waren diesem Fronhof in Schwelm zu Abgaben und Diensten verpflichtet. Wohl schon im 10. Jahrhundert fiel der Fronhof in die Hände des Erzbischofs von Köln, der ihn 1392 an den Grafen von der Mark verlor.

Ursprünge des Namens Sprockhövel

Schwelm war nicht nur Zentrum der Grundherrschaft, es wurde auch kirchlicher Mittelpunkt, Gerichts- und Verwaltungssitz für die Ortsteile, die später im Amt Haßlinghausen vereint waren. „Der Große Siepen hatte nicht nur dem kölnischen Hof zu Schwelm Abgaben zu zahlen, sondern auch dem Kloster Werden. Auch dieses Kloster, das 799 gegründet worden war, hatte Rechte an zahlreichen Höfen. „Seiner Überlieferung, den Besitzverzeichnungen, verdanken wir zum Beispiel die erste urkundliche Erwähnung des Namens Sprockhövel, um das Jahr 1000, als die Stadt noch Spurkinhuvelo hieß“, erzählt die Archivarin.

Trotz der Abgaben seien die Bauern keine geschundenen Gestalten gewesen. Sie waren selbstbewusste Partner der Grundherren, ließen sich von Titeln und Ämtern wenig beeindrucken, wenn es um ihre Rechte ging. Es gab bäuerliche Steinkohlebergwerke, so auch die Siepermanns, die keine Probleme damit hatten, den König von Preußen zu verklagen, als sie sich durch die Bergordnung von 1735 in ihren Rechten beschnitten sahen.

Hofname bestimmt Familiennamen

Denn das schwarze Gold, die Kohleflöze, lagen zu der Zeit mit einer Dicke von bis zu drei Meter an der Oberfläche, so dass es für die Bauern ein Leichtes war, die Kohle abzubauen. „Der Große Siepen und die Bewohner waren ein gutes Beispiel für die Entwicklung der Familiennamen“, erklärt Karin Hockamp. Der Name des Hofes wurde auch als Familienname genommen. So hießen die Bewohner, auch wenn die Erbfolge über Frauen lief, Siepermann.