Sprockhövel. Die Auftritte von Crescendo Gemischter Chor Sprockhövel bereichern jedes Fest. 17 engagierte Sänger hören auf das Kommando von Natalia Heidorn.
Es ist wieder einer dieser Donnerstage. Am frühen Abend trudeln im Bürgerhaus Niedersprockhövel die Sänger ein, gerne ein paar Minuten vor Probebeginn, denn ein Plausch gehört zum Vereinsleben des „Crescendo Gemischter Chor Sprockhövel 1893“ einfach dazu. Dietmar Scholz, zweiter Vorsitzender, öffnet den Notenschrank, zeigt auf das beachtliche Notenarchiv. „Damit kann man manches Konzertprogramm gestalten“, sagt er.
Eine Episode aus der Vereinschronik drängt sich auf – von 1933, da hieß der Chor noch „Nie gedacht – Vorwärts“, reihte sich ein in den Arbeitersängerbund und war den neuen NS-Machthabern ein Dorn im Auge. Überall im Land wurde Literatur missliebiger Autoren verbrannt, gingen auch von diesem Chor Notenmaterial, Laienspielstücke mitsamt Schrank öffentlich in Flammen auf. Allein die Vereinsfahne, schreibt der Chronist, sei gerettet und unter Kohlen und Kartoffelkisten versteckt worden.
Vor 84 Jahren eine gesellschaftliche Institution
Die Zeiten haben sich in jeder Hinsicht gewandelt: Der Chor vor 84 Jahren war mit 160 Sängern beiderlei Geschlechts und 200 passiven Mitgliedern eine gesellschaftliche Institution in der Stadt, heute erheben sich gerade noch 17 Sängerinnen und Sänger von ihren Plätzen, wenn Chorleiterin Natalia Heidorn den Raum betritt und sich hinter dem E-Piano positioniert. Doch Schwund ist nun mal Realität in allen Vereinen, gibt die Crescendo-Vorsitzende Elke Klammt zu bedenken. Der familiären Atmosphäre im gemischten Chor tut das jedoch überhaupt keinen Abbruch. „Ich habe viel Lob gehört“, berichtet die musikalische Leiterin von der Resonanz beim letzten Auftritt bei der Fahnenaktion auf der Trasse.
Nachdem geklärt ist, dass eine Sangesschwester urlaubsbedingt fehlt, die Abteilung der Tenöre und Bässe aber vollständig angetreten ist, mahnt Heidorn zur Ruhe, „alle Gespräche gehen zu Ende.“ Es folgt das Einsingen, sozusagen ein Warm-up. Einstimmig, mehrstimmig – „eine gute Stimme entspringt einem straffen Körper“, appelliert die Fachfrau.
Dreiklänge erfüllen den Raum, Intervallsprünge vom Keller bis ins Oberstübchen machen die Stimmen sicher und geschmeidig. Irgendwann ist die Dirigentin zufrieden. Noten werden ausgeteilt, „Zauber der Erinnerung“, eine Melodiensammlung von Abraham, Grothe und Stolz, die früher jeder kannte. „Schöne Nacht, die Liebesnacht“ singen die Damen und Herren mit Hingabe und Leidenschaft, als gelte es, geschwind eine Außenfassade bis zum geöffneten Fenster der Liebsten zu erklimmen. Da müssen die Männerstimmen natürlich besonders überzeugen, und Natalia Heidorn lässt sie lieber mal alleine proben. „Die Mundwinkel hoch!“, der Chor soll doch bitteschön auch etwas fürs Auge bieten.
Anfang Juli singt Crescendo auf einem Dorffest in Witten, auch das Stadtfest in Niedersprockhövel ist ein wichtiger Termin, auf den die Choristen hinarbeiten. Neben Klassikern der Operette und Silcher-Liedern sind es auch Schlager etwa von Peter Maffay, mit denen der gemischte Chor immer wieder beim Publikum punktet.