Sprockhövel. . Der Heimat- und Geschichtsverein Sprockhövel eröffnet eine Ausstellung mit einem Rückblick über 170 Jahre Geschichte. Die Präsidentin des Chorverbands, Regina van Dinther, prophezeit Chören eine gute Zukunft.
Mit einer Feierstunde ist am Montagabend die Ausstellung „170 Jahre Männergesangvereine in Sprockhövel“ eröffnet worden. Veranstalter ist der Heimat- und Geschichtsverein, dessen Arbeitskreis die auf drei Wochen angelegte Ausstellung und einen erkenntnisreichen Katalog konzipiert hat. Gekoppelt ist die Schau mit Vereinsfahnen, Festschriften, Konzertprogrammen und vielen anderen historischen Dokumenten mit einer Wanderausstellung des Deutschen Chorverbandes, der seinerseits 150-jähriges Bestehen feiert und unter dem Titel „Vom Freiheitskampf zur Freizeitgestaltung“ den historischen Rahmen für die Sprockhöveler Lokalausstellung schafft.
Als Festrednerin war Regina van Dinther gekommen; die ehemalige NRW-Landtagspräsidentin ist seit rund zwei Jahren Präsidentin des NRW-Chorverbandes – und Kennerin der Männerchorszene: „Mein erstes öffentliches Amt war mit 16 Jahren ein Vorstandsposten in einem Männergesangverein: das waren Zeiten, als mein Chor zu Karneval an einem Tag dreimal die Halle vollgekriegt hat“, erzählte die CDU-Politikerin launig. Vor diesem Hintergrund erwies sich die Hattingerin als glühende Botschafterin des Chorgesangs schlechthin. „Oft höre ich, der MGV liege im Sterben. Aber das lasse ich so nicht gelten“, so van Dinther. Vielmehr weise ihr Verband nach, dass von fast 3000 weltlichen Chören zwischen Rhein und Weser immerhin noch eine Mehrheit von 1200 Männergesangvereine seien, und viele von denen trügen sogar noch den Meistertitel.
Doch, in der Tat, die Kurve zeige deutlich nach unten: „Wir haben durch die 68er-Bewegung und davor durch die Nähe einiger MGV zu den Nationalsozialisten gut zwei Generationen von Männern für den Gesangverein verloren“, führte Regina van Dinther aus. Doch ein Lamento sei überflüssig: „In einer immer unruhiger werdenden Welt wächst die Sehnsucht nach Gemeinschaft und dabei auch nach dem gemeinsamen Gesang, den die Wissenschaft längst als gesundheitsfördernd erkannt hat“, sagte die Präsidentin. Chöre würden wieder gegründet, Chorvereine jedoch nicht mehr. „Diesem Umstand muss unser Verband Rechnung tragen, die Statuten müssen da angepasst werden.“
Drei türkische Chöre im Verband
Es freue sie, kürzlich erst in Versmold den dortigen Jugend-Kammerchor als Sieger des Internationalen Musikfestivals in Wien geehrt zu haben. Regina van Dinther berichtete von ihren Erfahrungen bei Kontakten mit der vielfältigen Chorlandschaft in NRW: „Da sind nicht mehr nur ,Bio-Deutsche’ anzutreffen, erst am Wochenende konnte ich in Wuppertal den dritten türkischen Chor als Mitglied in unserem Verband begrüßen.“ Singen sei wieder en vogue, bekomme sie als Signal aus den Schulen, wo mancherorts nicht nur AGs, sondern sogar Unterrichtsfächer Singen und Chor eingerichtet würden. „Lieber MGV als RTL2“, rief sie den vielen Besuchern der Ausstellung zu.
Klaus Walterscheid, der für den Heimatvereins-Vorsitzenden Rainer Kaschel die Begrüßung vornahm, dankte den Mitgliedern der Arbeitsgruppe, die über Monate wichtige Exponate für die Ausstellung zusammengetragen hatten. „Es war höchste Zeit, diese Ausstellung zu organisieren“, betonte Walterscheid. „Hätten wir die MGV-Geschichte erst zu einem runden Jubiläum erstellt, wäre von den einst 25 Männerchören vielleicht nicht einer mehr existent gewesen.“