Sprockhövel. . Chöre singen, Menschen spielen, Kontakte entstehen an 157 Tischen. Da wurde das Kaffeetrinken fast zur Nebensache.
Die eine Hälfte voller Tische, die andere Hälfte voller Fußgänger, Kinderwagen und Hunde. Die Kaffee-Trasse erinnerte an das Stillleben auf der A 40 vor fünf Jahren. Alles, was schnell unterwegs war, musste draußen bleiben – in diesem Fall waren es die Fahrradfahrer, die weichen mussten. Dafür wurden sie mit einem Umleitungsplan ausgestattet, bekamen einen Apfel und Wasser geschenkt – oder aber, sie entschieden sich, abzusteigen und tauchten ein in das bunte Gewimmel auf der Kaffe-Trasse.
Fast einen Kilometer lang erstreckte sich der „Riesen-Flohmarkt“, wie es Beate Prochnow vom Stadtmarketing und Verkehrsverein Sprockhövel nannte, oberhalb von Mathilde-Anneke-Schule und Glückaufhalle. Anders als auf dem Flohmarkt wurde aber weniger gefeilscht und gehandelt als ganz entspannt das Wochenende genossen. Im Schatten der Bäume reihten sich die Tische aneinander: Verbände, Parteien, Unternehmen, Privatpersonen – die Bandbreite war groß. Am farbenfrohen „Art Of Beauty“-Stand wurden Hände massiert und Kinder geschminkt. Bei der Freiwilligenbörse Sprockhövel wurde eine Leinwand bemalt. Sie wird beim Stadtfest zugunsten der Hattinger Tafel versteigert. Bei der Awo wurde Mensch-ärgere-dich-nicht gespielt, bei Silke Hessler Geburtstag gefeiert – ihren fünfzigsten hatten ihre Freunde einfach auf die Trasse verlegt. So ging es weiter, ganze 157 Tische lang. Jeder Tisch mit einer anderen Idee und einer neuen Atmosphäre. Das Café Krokant verschenkte Kirschstreusel und Apfelkuchen. „Die Kaffee-Trasse ist was Neues in Sprockhövel, für Geschäfte ist es toll, sich hier zu präsentieren“, freute sich Gaby Zimmermann.
Jeder Tisch war ein Treffpunkt für sich. Im Gewimmel stach der Tisch von der Flüchtlingshilfe Sprockhövel ins Auge. Nicht nur Flüchtlinge saßen hier – Syrer, Armenier, Iraner und viele andere internationale Gäste unterhielten sich auf Deutsch und in diversen weiteren Sprachen, spielten, aßen Kuchen und hatten sichtlich viel Spaß: „Wir haben einen tollen Tag, es ist sehr schön hier“, freute sich Forough Khastkhodaiee (33), die mit ihrer Schwester vor einigen Wochen aus dem Iran nach Sprockhövel kam.
Ein paar Tische weiter kam es zu spontanen Gesangseinlagen: Mehrere Chöre unterbrachen ihre Kaffeepause so immer wieder. Bands traten auf, Gitarristen zeigten ihr Können. Alleinunterhalter Zwille Zimmermann sorgte an den Tischen für Gelächter.
Kaffee und Kuchen wurden fast zur Nebensache – zur Freude von Beate Prochnow: „Wir wollen Veränderungen auf der Bahntrasse vornehmen.“ Neben weiteren Pausenplätzen sollen auch mehr Bänke und Sportbereiche entstehen. „Um diese Veränderungen im Rahmen des Trassenprojektes zu realisieren, wollten wir die Trasse mit dieser Veranstaltung ins Bewusstsein der Bürger holen und erlebbar machen.“ Es gebe schließlich eine Menge zu tun, da sei man auf die Mithilfe der Bürger angewiesen.