Oberhausen. Die große Oberhausener Umfrage „Stadtteil-Check“ hat erstaunliche Resultate gebracht. Wichtigste Frage: Wie gerne leben Sie in Ihrem Stadtteil?
Oberhausener leben prinzipiell gerne in ihren jeweiligen Stadtteilen, wünschen sich allerdings ein größeres Gemeinschaftsgefühl, mehr Freizeit- und Gastronomie in ihren Wohnvierteln sowie mehr Sauberkeit – und insgesamt eine bessere Kommunalpolitik.
Dieses Fazit lässt sich aus der großen Umfrage „Stadtteil-Check“ der Redaktion aus dem Frühjahr 2020 ablesen, an der fast 3500 Oberhausener Leserinnen und Leser teilgenommen haben: Sie gaben ihren Stadtteilen in zwölf fachlichen Kategorien Schulnoten von 1,0 bis 6,0 – von der Versorgung mit gastronomischen Angeboten über die Kinderfreundlichkeit und die Verkehrsanbindung bis hin zur Sauberkeit und Sicherheit in ihrem Wohn-Stadtteil.
Am Ende benoteten diese Leser ihren Stadtteil insgesamt bei der Frage: „Wie gerne leben Sie in Ihrem Stadtteil? Welche Gesamtnote geben Sie Ihrem Stadtteil?“ Dabei haben wir die Stadtteile auf der Karte ähnlich wie die Stadt bei ihrer Sozialstrukturanalyse zugeschnitten.
Lieblingsstadtteile der Bewohner sind demnach die Wohnorte im Oberhausener Norden: Königshardt, Walsumermark, Schmachtendorf – sie alle erhalten eine bessere Schulnote als 2,0. Auch Borbeck (mit Grafenbusch und Neue Mitte), Klosterhardt, Holten, Alsfeld Alstaden, Dümpten und Rothebusch schneiden gut ab.
Vier Oberhausener Stadtteile schneiden schlechter als mit der Note 3,0 ab
Deutlich weniger wohl fühlen sich die Bewohner der Stadtteile Osterfeld Mitte/Süd, Styrum, Brücktorviertel und in der Innenstadt – sie werden nur mit einer Drei oder schlechter beurteilt. Das Nord-Süd-Gefälle zeigt sich dabei glasklar – der Bewertungsunterschied zwischen dem am besten benoteten Stadtteil Königshardt (1,54) und dem am schlechtesten benoteten, die Alt-Oberhausener Innenstadt (3,76), beträgt immerhin mehr als zwei ganze Noten. Prozentual betrachtet bewerten die City-Bewohner ihr Wohnviertel anderthalb Mal schlechter als die Königshardter ihre Wohngegend.
Nimmt man den Schnitt aus allen Gesamtnoten der 29 Stadtteile, dann erreicht ganz Oberhausen von seinen Bewohnern eine Bewertung von 2,39 – liegt also im Mittelfeld zwischen gut und befriedigend. Da die Redaktionen in den Ruhrgebiets-Städten Duisburg, Bottrop und Bochum ebenfalls einen Stadtteil-Check nach den gleichen Prinzipien absolviert haben, kann man die Oberhausener Bewertung vergleichen.
Danach sind die Oberhausener Bürger ähnlich zufrieden mit ihren Wohn-Stadtteilen wie die Bottroper (Gesamtnote 2,38), Bochumer Bürger (Gesamtnote: 2,32) und Essener Bürger (2,30). Die Duisburger allerdings bewerten ihre Stadtteile mit 2,68 deutlich schlechter als die Oberhausener: Sie sind um rund zwölf Prozent unzufriedener mit der Lebensqualität in ihrem Stadtteil.
Wir werden die Ergebnisse der Umfrage „Stadtteil-Check“ in den nächsten Wochen im Detail analysieren, mit Repräsentanten der Stadtgesellschaft und Bürgern reden, werden Vor-Ort Besuche absolvieren – und unsere Eindrücke in mehreren Folgen schildern. Eines zeichnet sich aber bereits ab, wenn man auf die Tabellengrafik schaut: So zufrieden die Bürger insgesamt im Schnitt mit ihrem Wohnviertel sind, so unzufrieden sind sie mit einzelnen Themengebieten, die wir mit 13 inhaltlichen Fragen (siehe unten) abgefragt haben. Schlechtere Noten als drei erhalten im Schnitt folgende Bereiche: die Zahl der Parkmöglichkeiten vor Ort, das Gemeinschaftsgefühl im Viertel, die Freizeit- und Gastronomieangebote sowie die Sauberkeit im Bezirk.
Sicherheitsbewertung in den Oberhausener Stadtvierteln erstaunlich gut
Interessanterweise ist das oft diskutierte Sicherheitsgefühl der Bewohner beim Blick auf ihre Wohn-Stadtteile überraschend gut: Das Thema Sicherheit erhält mit 2,64 die drittbeste Note von allen 13 Kategorien. Aber auch mit ihrer Nahverkehrsanbindung sind die Bürger erstaunlich zufrieden: 2,46.
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Auffallend schlechte Noten erhielten wir auf die Frage „Wie bewerten Sie den Einsatz von Kommunalpolitikern und Stadtverwaltung für Ihren Stadtteil?“ Die Benotung beträgt im Schnitt nur 3,74 – ist also fast nur ausreichend. Hier schlägt offenbar das insgesamt miese Image von Politikern durch, denn da Politik oft für alles Schlechte verantwortlich gemacht wird, müsste Politik konsequenterweise auch für alles Gute zuständig sein. Wenn die Lebensqualität in den Stadtteilen eine Gesamtnote von 2,39 erhält, müssten Bürger die städtische Politik eigentlich ähnlich gut bewerten.
Schlechte Bewertungen nicht nur für Oberhausener Kommunalpolitiker
Doch wer sich in Oberhausen politisch engagiert, sollte über diese Schulnote nicht allzu traurig sein: Die Kommunalpolitik erhielt bei den Stadtteilchecks in den anderen Städten ebenfalls die schlechtesten Noten aller abgefragten Kategorien. Die Bottroper geben ihrer Lokalpolitik nur eine 3,45, die Essener eine 3,56, die Bochumer eine 3,63 und die Duisburger sogar nur eine 4,00.
Stimmungsbild
Die Umfragen „Stadtteil-Check“ der Funke-Lokalredaktionen im Ruhrgebiet liefern ausdrücklich keine repräsentativen Ergebnisse, weil die Teilnehmer nicht gezielt nach sozio-demografischen Merkmalen ausgewählt wurden, sondern selbst nach Aufrufen über ihre Teilnahme entschieden haben. Die Umfragen geben die subjektive Meinung der teilnehmenden Bürger wieder. Berücksichtigt wurden alle, die mindestens zehn der 14 Fragen beantwortet haben.
Aber: „Der Stadtteilcheck liefert wegen der sehr großen Beteiligung ein gutes Stimmungsbild“, sagt Dr. Ana Moya, die für die Auswertung zuständige Statistik-Expertin der Funke Mediengruppe. „Es wurde darauf geachtet, dass in jedem Stadtteil eine ausreichende Teilnehmerzahl erreicht wurde, um aufschlussreiche Aussagen treffen zu können.“ Die berücksichtigten Teilnehmerzahlen reichen von 50 (Brücktorviertel) bis 337 (Alstaden).
Eine Ausnahme bilden in Oberhausen Vondern und Vonderort. Dort hatten zu wenige Leser (16 und 5) an unserer großen Umfrage teilgenommen, gleichwohl geben wir die Benotungen in den Übersichten der Vollständigkeit halber an. Sie können die Ergebnisse für die einzelnen Stadtteile – grafisch aufbereitet – bereits online hier einsehen: waz.de/oberhausen-check.
Diese 14 Fragen haben wir den Umfrage-Teilnehmern gestellt
Im Februar 2020 haben wir in mehreren Oberhausener Lokalausgaben, auf unserer Online-Seite waz.de/oberhausen und auf unserer Facebook-Seite WAZ Oberhausen Leserinnen und Leser mit einem Formularbogen aufgefordert, an unserer umfangreichen Umfrage mit 14 Fragen, davon 13 inhaltliche mit Schulnoten-Bewertungen, teilzunehmen. Mitgemacht haben 3490 Leserinnen und Leser aus Oberhausen. Sie beantworteten mindestens zehn der 14 Fragen, die folgendermaßen lauteten:
• In welchem Stadtteil leben Sie?
• Wie beurteilen Sie die Sicherheit in Ihrem Stadtteil?
• Wie bewerten Sie den Einsatz von Kommunalpolitikern und Stadtverwaltung für Ihren Stadtteil?
• Wie beurteilen Sie die Sauberkeit in Ihrem Stadtteil?
• Wie bewerten Sie den Nahverkehr in Ihrem Stadtteil?
• An die Autofahrer: Wie ist die Parkplatzsituation in Ihrem Stadtteil?
• Wie beurteilen Sie die medizinische Versorgung in Ihrem Stadtteil?
• Wie beurteilen Sie die Seniorenfreundlichkeit in Ihrem Stadtteil?
• Vergeben Sie eine Schulnote für die Kinderfreundlichkeit in Ihrem Stadtteil.
• Vergeben Sie eine Schulnote für die Einkaufsmöglichkeiten in Ihrem Stadtteil.
• Wie ist das gastronomische Angebot in Ihrem Stadtteil?
• Wie beurteilen Sie das Freizeit- und Naherholungsangebot in Ihrem Stadtteil?
• Vergeben Sie eine Schulnote für das Gemeinschaftsgefühl in Ihrem Stadtteil.
• Wie gerne leben Sie in Ihrem Stadtteil? Welche Gesamtnote geben Sie Ihrem Stadtteil?
In den nächsten Wochen werden wir Schritt für Schritt die Ergebnisse zu Themengebieten und Stadtteilen aufbereiten, die journalistisch betrachtet interessante Auffälligkeiten ergeben haben. Sie können die Ergebnisse für die einzelnen Stadtteile – grafisch aufbereitet – bereits online hier einsehen: waz.de/oberhausen-check.