Oberhausen. . Im April 1909 begann der Abriss der Vorgängerkirche am Altmarkt. 1911 wurde die heutige Kirche geweiht, die im Krieg ihren spitzen Turm verlor.
Vor 110 Jahren, am 18. April 1909, wurde in der Herz-Jesu-Kirche am Altmarkt zum letzten Male die Eucharistie gefeiert, einen Tag später begann der Abriss, und nur fünf Monate später wurde der Grundstein zum Neubau gelegt.
Das waren noch Zeiten für die katholische Kirche, die sich mit sprunghaftem Wachstum und treuen Gläubigen beschäftigen durfte – und der Gründung neuer Kirchen und neuer Gemeinden.
Das ging nicht immer im christlichen Mit- und Füreinander vonstatten. Die Herz-Jesu-Gemeinde war ein „Kind“ der älteren Gemeinde von St. Joseph in Styrum. Mitte 1888 war der Beschluss gefasst worden, die auf Oberhausener Gebiet (Grenze war die Grenzstraße) liegenden Teile der Joseph-Pfarre als „Herz Jesu-Gemeinde“ zu firmieren. Dieser sollte eine eigene Notkirche zugestanden werden.
Rasantes Wachstum
Dass sich „Herz Jesu“ schon wenige Jahre später von „St. Joseph“ ganz und gar emanzipieren und so wachsen würde, dass die Gemeinden „St. Johannes Evangelist“ im Oberhausener Osten und „St. Peter“ im „Heidbezirk“ entstanden, war noch nicht abzusehen. Die explodierende Industrialisierung sog Menschen und damit „Seelen“ an – für Herz Jesu allein wuchs die Zahl binnen weniger Jahre von 8000 auf 12 500.
Und die Gemeinde der 12 500 wollte schließlich ein eigenes festes Gotteshaus, gegen den Widerstand leitender Geistlichkeit aus Mülheim, schließlich mit Unterstützung von Kardinal Fischer aus Köln, der gegen alle geistlichen Voten für Herz Jesu entschied. Antipathien zwischen Herz Jesu und St. Joseph sind nicht „angedichtet“, sie haben historische Wurzeln. Ob sie bis in unsere Tage mit den bekannten Differenzen im Pfarreienentwicklungsprozess reichen?
Es entsprach dem Selbstbewusstsein der jungen Oberhausener Gemeinde, sich nicht überlange mit einer „Notkirche“ zufrieden zu geben. Sie war entstanden mit einem einstigen Tanzsaal, dem „Imbrahm’schen Saal“ und kleinen Grundstückzukäufen genau am heutigen Standort. Der Altmarkt war schon lange im Betrieb, die „Siegessäule“ gerade erst ein paar Jahre alt, als der Nike, dem heutigen Friedensengel, ein spitzes Türmchen entgegenblickte. Die Gemeinde war zwar groß, aber arm, aber dafür ihre Mitglieder engagiert und aktiv. Die Zahl katholischer Vereine war beinahe unübersichtlich, dazu gab es einen Bauverein, dazu gab es den Willen und den Ehrgeiz, etwas Schönes haben zu wollen.
Neugotisch statt romanisch
Kardinal Fischer, der übrigens persönlich den Grundstein legte, äußerte dann den Wunsch, man möge doch ein neugotisches Gotteshaus bauen. Die Gemeinde hätte ein Haus im schlichteren romanischen Stil bevorzugt, aber folgte dem Wunsch des Kardinals, und am 30. April 1911 weihte Pfarrer Jacquorie die Kirche, mehr als 60 Meter lang, mehr als 30 Meter breit, mit einem 75 Meter hohen Turm, der allerdings nur bis 1943 in den Himmel ragte.
Das Ende des stolzen Kirchturmes kam Ostern 1943: In der Nacht von Ostermontag auf Osterdienstag erhielt die Kirche, deren Ausstattung in allen Beschreibungen gerühmt war, von Bombern der Alliierten einen furchtbaren Schlag, der sie der Dächer und auch ihres Turmes beraubte. Wieder – wie schon in den Jahren zwischen 1909 und 1911 – feierte die Gemeinde von Herz Jesu ihre Gottesdienste im Kolpinghaus.
Neuer Mut und zupackende Zuversicht
Pfarrer Johannes Kampert, der im „Dritten Reich“ den örtlichen Nazis ein Dorn im Auge gewesen war, entfachte in seiner Gemeinde nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg neuen Mut und zupackende Zuversicht. Der Wiederaufbau dauerte, aber gelang, und Jahre später gab es auch wieder einen Turm. Abgespeckt zwar gegenüber neugotischer Verspieltheit, aber so kantig und wuchtig wie die Menschen zu seinen Füßen.
Seit Jahren schon steht die Herz-Jesu-Kirche unter Denkmalschutz. Für die Silhouette Alt-Oberhausens ist sie prägend, für die Geschichte Oberhausens in mancher Hinsicht beispielhaft.