OBERHAUSEN. Werdener und Kettwiger Straße sollen verkehrsberuhigt ausgebaut werden. Bürger sind nicht einverstanden und äußern heftige Kritik an der Stadt.

Heftige Ablehnung handelten sich Ricarda Mauksch von der Stadtverwaltung und Bezirksbürgermeisterin Dorothee Radtke (SPD) bei der Bürgerinformation zu dem für Herbst 2020 geplanten Ausbau von Werdener und Kettwiger Straße ein. Rund 80 Bürger waren dazu Donnerstagabend ins Bürgerzentrum Alte Heid im Schladviertel gekommen. Sie reagierten empört auf die vorgestellte Planung. Über die Hälfte der Gesamtkosten von rund 1,3 Millionen Euro soll auf die Haus- und Grundbesitzer umgelegt werden.

Dabei präsentiert sich vor Ort nur die kleine Kettwiger Straße, eine reine Wohnstraße, in sehr schlechtem Zustand. Nach Angaben von Mauksch haben Experten von Stadt und Wirtschaftsbetriebe Oberhausen GmbH (WBO) aber für den Zustand beider Straßen die Schulnoten ausreichend bis mangelhaft vergeben.

Stadt will „wildes Parken“ ordnen

Beide Straßen sind ziemlich schmal. Deshalb wird in der Kettwiger Straße auf einem schmalen Gehweg auch noch halbhüftig geparkt, also mit halber Fahrzeugbreite. Auf dem südlichen Abschnitt der Werdener Straße ist auf einem Bürgersteig von normaler Breite der Fall. Überall bestimmt die Lage der Garagen- und Grundstückszufahrten, wo geparkt werden kann.

In all das will die Stadt Ordnung bringen. Zum verkehrsberuhigten Bereich soll alles umgebaut werden, also als einheitliche Verkehrsfläche für alle Verkehrsteilnehmer. Teilweise sind die Bürgersteige heute ohnehin nur angedeutet, liegen aber nicht höher als die Fahrbahn. Fest markierte Stellflächen, aufgelockert durch Grünpflanzungen mit einzelnen Bäumen, würden an die Stelle des heutigen „wilden“ Parkens treten.

Schwere Straßenschäden weist die Kettwiger Straße auf.
Schwere Straßenschäden weist die Kettwiger Straße auf. © Jörg Schimmel

Bedarf für insgesamt 76 Parkplätze außerhalb der Privatgrundstücke hätten die Planer ermittelt, erklärte Mauksch. Mit der Planung würden insgesamt 94 angelegt. Von Spätsommer 2020 an rechnet die Stadt mit zwölf Monaten Bauzeit. Genauere Angaben, in welchem Umfang die Grundeigentümer dafür mitbezahlen müssen, machte sie nicht. Bei einem verkehrsberuhigten Bereich können 65 Prozent der Baukosten entsprechend umgelegt werden. Würden dagegen nur Fahrbahnschäden ausgebessert, ginge das komplett zu Lasten der Stadtkasse. Erfahrungsgemäß sind Hauseigentümer je nach Größe ihrer Grundstücke und Höhe der Bebauung mit 5000 Euro bis 15 000 Euro dabei. Es ist landesweit vorgeschrieben, die Kosten so umzulegen.

Die Beträge aber nannte Mauksch nicht. Die Rechnung werde erst etwa fünf Jahre nach Abschluss der Arbeiten gestellt, sagte sie. Die Wut der Bürger stachelte zusätzlich an, dass in ihrer Präsentation auf der Leinwand von Tempo 30 die Rede war. Erst als sie den Begriff „Spielstraße“ verwendete, wurde deutlich, dass auch auf der fast einen Kilometer langen Werdener Straße künftig Schrittgeschwindigkeit gelten soll.

Große Ablehnung und gereizte Stimmung

Die Zuhörer reagierten mit teils höhnischem Gelächter und starkem Applaus für die vielen ablehnenden Wortmeldungen. „Wer ist auf diesen Gedanken gekommen?“, wollte eine Frau wissen. Zwischen Nathland- und Kettwiger Straße sei die Werdener Straße in 1a Zustand. Die städtischen Gelder sollten auf die wirklich schlimmen Straßen konzen­triert werden. Eine andere Frau legte Fotos vor, die das belegen sollten.

„Was ist denn mit dem Kanal?“, wollte ein Anwohner wissen. „Der hat keine nennenswerten Schäden. Die Fachleute sehen da keinen Handlungsbedarf“, erklärte Ricarda Mauksch unter dem Gelächter der Bürger. „Die Straße ist dort schon mal abgesackt. So marode ist der Kanal. Einfach unglaublich, so eine Behauptung“, empörte sich ein älterer Herr. Ein anderer Bürger ergänzte, „bei jedem stärkeren Regen haben wir Hochwasser und hier wird kein Bedarf für Kanalbau gesehen.“ Ein jüngerer Mann äußerte den Verdacht, es könnte sich um eine Verwechslung mit anderen Straßen handeln.

„Wir selbst machen die Bewertung des Straßenzustandes nicht“, erwiderte die Verkehrsplanerin. Der Rat der Stadt habe den Ausbau jedenfalls ins Straßenbauprogramm aufgenommen. „Wir sollten das noch mal prüfen“, ging die Bezirksbürgermeisterin dazwischen. Sie leitete die Versammlung.

Andere Bürger äußerten Zweifel an der Objektivität der behördlichen Bewertung. Die WBO hätten ja nicht den besten Ruf in Oberhausen, warf jemand ein. „Da ist man 45 Jahre seinen Instandhaltungspflichten nicht nachgekommen und jetzt geht es zu unseren Lasten“, empörte sich ein Mann. Als Mauksch erklärte, es werde nur der vorgeschriebene Mindest-Standard umgesetzt, die Gehwege seien nicht richtlinienkonform, gab es wieder Gelächter. „Dann dürfte man auf 80 Prozent der Oberhausener Straßen nicht parken“, erwiderte ihr ein Bürger.

„Ist überhaupt jemand dafür?“, fragte Stadtverordneter Albert Karschti („Offen für Bürger“). „Nein“, riefen die Bürger. So ergab es dann auch eine Abstimmung, die Radtke durchführte. „Wir haben ja erst mal nur informiert“, betonte sie und ließ durchblicken, dass darüber das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.