Mülheim. . Bis Ende November wird die Bahnüberführung zur Sackgasse. Stadt Mülheim und Baufirma ringen um eine Einigung.
Zwei Monate lang wird Styrum ohne Thyssenbrücke auskommen müssen. Zwischen Ende September und Ende November muss der Verkehr großräumig umgeleitet werden, gab am Mittwoch Mülheims Tiefbauamtsleiter Horst Chluba auf Anfrage dieser Zeitung bekannt.
Trotz aller Anstrengungen zuletzt, mit Baustellenbetrieb in drei Schichten, steht mittlerweile fest: Wenn in den Herbstferien die marode, 109 Jahre zählende alte Brücke während der Sperrpause der Bahn abgerissen wird, wird noch kein Verkehr über die neue Brücke rollen können. „Es wird eine Vollsperrung von zwei Monaten geben durch die zeitlichen Verzögerungen“, sagte Chluba. Der Verkehr soll großräumig umgeleitet werden – über die Hauskampstraße, auch über die Fritz-Thyssen-Brücke und Mannesmannallee in Dümpten.
Keine Straßenbahn der Linie 112 kann rollen
Ohne Brücke wird natürlich auch keine Straßenbahn der Linie 112 rollen können. Busse sollen das Nahverkehrsangebot sicherstellen. Das wäre an sich noch kein ausuferndes Problem für die Stadt. Nur: Für die Straßenbahnen der Oberhausener Stoag gibt es die Verpflichtung, sie in der Ruhrbahn-Werkstatt an der Duisburger Straße in Broich regelmäßig warten zu lassen – das ist auch ohne Schienenverbindung zu gewährleisten, dann wohl über kostspielige Schwertransporte, wie es Bau- und Verkehrsdezernent Peter Vermeulen in einem Papier für den Stadtrat vor den Ferien skizziert hatte.
Weiter nicht kommuniziert hat die Bauverwaltung, mit welchen Mehrkosten durch den monatelangen, durch Baumängel bedingten Stillstand auf der Baustelle zu rechnen ist; insgesamt war schon im März eine Kostenexplosion von rund 40 Prozent auf 25 Millionen Euro gegenüber der ursprünglichen Kalkulation festzustellen.
Kritische Fragen an den Baudezernenten
Und wer trägt die neuerlichen Mehrkosten? Weiterhin vertritt Mülheims Baudezernat nach außen seine Auffassung, selbst keine Verantwortung zu tragen dafür, dass sämtliche Stahlträger im Osten der Brücke nicht auf dem Unterbau auflagen, als sie nach den Osterferien per Schwerlastkran aufgelegt worden waren. Hätten die städtischen Baustellen-Aufseher nicht vor dem Aufsetzen der Träger feststellen müssen, dass die Dinge nicht zusammenpassen?, fragen sich einige Beobachter.
Baudezernent Peter Vermeulen wird sich nach der Sommerpause noch einige kritische Fragen gefallen lassen müssen. Die Fraktion des Bürgerlichen Aufbruchs (BAMH) hat bereits weiteren Klärungsbedarf für den Planungsausschuss am 21. September angemeldet. Sie fordert die Verwaltung auf, eine Bauzustandsbeschreibung und Gutachten des von der Stadt eingeschalteten Sachverständigen an die Politik auszuhändigen. Der BAMH will wissen, „inwieweit die Stadt für den entstandenen Schaden haftbar gemacht werden kann“ und wie hoch der Schaden in der Summe sein wird.
Es ist vieles ungewiss. Eigentlich sollte, so eine politisch beschlossene Bedingung für den Weiterbau, schon bis zum 20. Juli eine Vereinbarung zwischen der Stadt und der Baufirma Heinrich Walter Bau, die laut Baudezernat die Mängel wesentlich zu verantworten haben soll, zustandekommen sein. Mit ihr sollen die finanziellen Verantwortlichkeiten für die Brückenmängel festgezurrt werden. Sie steht aber weiter aus, weil Heinrich Walter Bau den Entwurf des städtischen Rechtsbeistands laut Chluba nicht akzeptiert.
Ziel: Langen Rechtsstreit vermeiden
Trotzdem wird weitergebaut – weil „es das größte Risiko ist, nicht weiterzubauen, einen Rechtsstreit zu bekommen und fünf Jahre keine Brücke zu haben“, so Chluba. „Dann reden wir über ganz andere Summen.“ Mails gingen momentan „hin und her“. Der Tiefbauamtsleiter hofft, dass vielleicht in der nächsten Woche, wenn alle Beteiligten aus dem Urlaub zurück sind, alle gemeinsam an einen Tisch kommen „und wir den Knoten zerschlagen“.
Eine Gewissheit dafür gibt es aber nicht. Und auch nicht dafür, dass die Stadt am Ende nicht doch auf einem erheblichen Teil der zusätzlichen Kosten sitzen bleibt. „Wir sehen uns nicht in der Schuld“, betont Chluba zwar, sagt aber auch: „Der Auftraggeber hat die Gesamtverantwortung und hängt immer mit drin.“
>>> AB FREITAG WIRD BETONIERT
Die Mängel an der neuen Brücke sind, das hatte die Stadt unlängst bereits verkündet, mittlerweile behoben. Der Stoß in der Mitte der Brücke ist verstärkt, die Auflagepunkte im Osten der Brücke mit Stahlplatten unterfüttert worden.
„Am heutigen Freitag wird ab 5 Uhr und 24 Stunden lang betoniert“, kündigt Tiefbauamtsleiter Horst Chluba an. Am Vortag sollte es die Bauabnahme für Bewehrung und Schalung geben.
Mitte September soll die Gasleitung, mit der die Friedrichs-Wilhelms-Hütte versorgt wird, von der alten an die neue Brücke umgelegt werden. In den Herbstferien wird die alte Brücke abgerissen.