MÜLHEIM-Speldorf. . Auf der Deponiehalde am Ruhrbogen machen sich die Monteure ans Werk. Nur der Wind kann sie derzeit bremsen. Klage Anfang März vor Gericht.
Die größte Herausforderung beim Aufstellen eines 149 Meter hohen Windrades? Alexander Beck, Hochbau-Manager der Gelsenwasser AG, schmunzelt: „Der Wind!“ Ist es so windig wie an diesem Morgen auf der Deponie am Kolkerhofweg am Styrumer Ruhrbogen, dann schieben die weit gereisten Monteure fröstelnd Langeweile auf dem Plateau.
Der Untergrund ist gerüttelt und verdichtet. Das kreisrunde, 18 Meter durchmessende Betonfundament ist gegossen. Ein Schwerlastkran mit 500 Tonnen Tragkraft ist aufgestellt, er kann 120 Meter hoch ausfahren. Doch die erste von insgesamt 32 Halbschalen, die auf das Fundament und zu einem Turm zusammenzusetzen sind, hängt an diesem Morgen nicht an den Haken. Eisiger Wind weht, 16 Meter pro Sekunde hat die Messanlage oben am Kran gemessen. Bei maximal elf Metern pro Sekunde könne man wohl loslegen, sagt einer der Monteure aus dem sachsen-anhaltinischen Ilberstedt. „Was da drüber geht, ist arg gefährlich.“ Die Halbschalen aus Beton, die aussehen wie riesige Halfpipes, bringen 35 Tonnen auf die Waage. Starkes Schwanken ist da zu vermeiden, sollen sie passgenau aufs Fundament gesetzt werden.
Die Gelsenwasser AG will das Windrad in Kooperation mit der Mülheimer Medl bis Ende März in Betrieb nehmen. Für die Anlage sind zahlreiche Schwertransporte aufs schwer zugängliche Areal zu koordinieren. Lagerfläche steht kaum zur Verfügung. Die wuchtigen Halbschalen kommen aus dem portugiesischen Viana do Castelo über Aurich nach Mülheim. Eine Halbschale je Schwertransport. Spannend wird es, wenn später die Rotorblätter der Anlage angeliefert werden, sie sind stolze 38,8 Meter lang. Allradantrieb, so die frische Erkenntnis, ist schon Voraussetzung, um den Weg rauf aufs Plateau der Halde zu meistern. Das kostet jetzt zusätzlich.
Man sei gut im Zeitplan, sagt Projektleiter Stephan Dohe. Wenn es nach Plan läuft, soll der Turm der Anlage in drei Wochen stehen. Er wird durch 80 Meter lange Stahlseile, die durch Kanäle der Betonteile geführt und unter Zug gesetzt werden, fest im Fundament verankert. Den oberen Teil des Turms werden Stahlbauteile bilden, noch mal 50 Tonnen schwer. Oben draufgesetzt wird die 115 Tonnen schwere Gondel, quasi das Maschinenhaus der Windkraftanlage. Am Ende steht ein Koloss, rund 1100 Tonnen schwer und von Fundament bis Rotorblatt-Spitze besagte 149 Meter hoch.
Eisiger Wind auf dem Plateau
Projektleiter Dohe kann dem eisigen Wind an diesem Tag auf der Halde natürlich auch etwas Gutes abgewinnen. Ab einer Windgeschwindigkeit von drei Metern pro Sekunde würden sich die Rotorblätter künftig drehen. Man sehe ja, dass auf der 37,5 Meter hohen Halde gute Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Betrieb gegeben seien.
Der Prognose der Betreiber zufolge soll die Anlage später rund 5.000.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen. Damit können laut Betreibergesellschaft circa 2000 Drei-Personen-Haushalte versorgt beziehungsweise vier Prozent des Stromverbrauchs von Mülheimer Bürgern gedeckt werden. Die Naturstrom-Produktion vermeide rein rechnerisch den Ausstoß von 5500 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr, heißt es.
In ein paar Wochen wird der Turm der Anlage wohl schon gut sichtbar sein für die Anwohner im Süden des Oberhausener Stadtteils Alstaden, die vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf gegen die Baugenehmigung der Stadt Mülheim klagen. Für den 1. März ist eine erste Verhandlung angesetzt.