Der Generalkonsul von Liberia ist ein schöner, eleganter Mann damals, in seinem Haus in einer noblen Gegend Hamburgs leben viele Kinder von mehr als nur einer Frau.

Fasia Jansen Stiftung e.V. Fotoarchiv
Fasia Jansen Stiftung e.V. Fotoarchiv © NRZ

Momulu Massaquoi beschäftigt ein Kindermädchen. 18 Jahre jung ist Elli Bujacz, als sie ein Kind bekommt – am 6. Juni 1979, ein dunkles Kind, nicht schwarz, dunkellila. Diese wunderbare Hautfarbe hat Fasia Jansen ihr nicht sehr langes Leben mit unglaublicher Würde, mit unverbrüchlicher Kraft und einem großartigen Humor durch die Welt getragen.

Heute würde die Liedermacherin, die Kämpferin für Frauenrechte, gegen Krieg und Hunger, für streikende Bergarbeiter in England und Stahlkocher in Rheinhausen, heute würde die große kleine Frau 80, die damals in der Hamburger Privatklinik geboren wird und die der Vater gern mitnehmen würde in seine Familie, die die Mutter nicht weggeben mag. Schon wenige Tage nach der Geburt gewinnt Fasias Leben damit eine Richtung, die von steten Kämpfen, von den grausigen Erfahrungen eines dunkelhäutigen, nicht arischen jungen Mädchens, geprägt sein wird, aber auch von vielen Freuden. Wenn Fasia lachte, und sie lachte oft, meinte man, die ganze Welt mitlachen zu hören.

Für Menschen, die sie nicht so gut kennen, ist dieses Lachen nur gewinnend, die anderen wissen um die traurige Geschichte hinter diesem lebensfrohen Antlitz. Der schwere Herzfehler, der sie ihr Leben lang begleitet und der sie mit 68 Jahren sterben lassen wird, er ist die Folge eines grausigen Tests, dem die braunen Verbrecher die junge Fasia unterziehen – in einem Waisenhaus wird ihr eine Bakterieninjektion eingeimpft, da ist Fasia acht. Sie wird fortan nur bedingt arbeitsfähig sein, ihr Leben lang um eine Wiedergutmachungsrente kämpfen müssen. Aber die Mutter steht zu ihrem Kind, versagt sich auch dem Angebot, Fasia gegen ein deutsches Mädchen aus den Kolonien einzutauschen. Später muss Fasia in einem Außenlager des KZ Neuengamme arbeiten, unter der Last des Erlebten bricht sie zusammen, das Kriegsende erlebt Fasia im Krankenhaus, 1951 kommt sie nach Oberhausen.

Fasia Jansen mit Joan Baez Ostermarsch West 1966 Fasia Jansen Stiftung e.V. Fotoarchiv
Fasia Jansen mit Joan Baez Ostermarsch West 1966 Fasia Jansen Stiftung e.V. Fotoarchiv © NRZ

Tanzen lernt sie als Kind, bis die Nazis sie von der Schule weisen, nach dem Krieg singt sie, gewinnt Preise, und von Oberhausen aus zieht sie mit ihren Freundinnen und Freunden die Friedensfäden in die ganze Welt, von Beginn an ist sie bei den Ostermärschen dabei, sie tritt bei den Ruhrfestspielen ebenso auf wie bei den UZ-Festen, eine Linke ohne Schubladen, sie steht dem K 14 rasch künstlerisch wie politisch nah, und als sie 1985 zur Weltfrauenkonferenz in Nairobi mit dem Friedensbus erstmals auf den afrikanischen Kontinent reist, ruft sie verwundert aus: „Die sind ja alle schwarz hier.” Die Großen der Szene wie Hannes Wader, Franz-Josef Degenhardt oder Dieter Süverkrüp und sogar Joan Baez wollen mit Fasia singen, sie tritt bei Hoesch/Dortmund und vor 30 000 Menschen in der UdSSR auf, schreibt Texte, komponiert, Gitarre oder Akkordeon begleiten das unermüdliche Engagement gegen Rechts und für Entrechtete. Sie erhält das Bundesverdienstkreuz und am 20. November 1997 die Silberne Ehrennadel der Stadt. Bei der kleinen Feier spielt Kuro ihr auf der Trompete „Venceremos”. Wenige Wochen, am 28. September 1997, stirbt Fasia. Und mit ihr stirbt ein Stück von einer besseren Welt.

Sag mal, was macht eigentlich die Fasia J.?

Immer noch auf Achse, hört man und der Rücken tut wieder weh auf Wolke Nummer neun vom Schleppen der Gitarre und vom Hochhalten der Transparente „Krieg den Luftschlössern und Friede den Wolkenkuckucksheimen”. Auch im Himmel ist nicht alles in Ordnung und die Rechte der Engel müssen von Zeit zu Zeit wieder eingespielt und eingesungen werden. Aber was willste machen, was willste machen, wenn du was machen willst, sagt sie, kichert mit tiefer Stimme (nur sie kann das), holt sich die Quetschkommode vom Buckel und fängt an. Dann noch die vielen Solidaritäts-Konzerte mit der Erde (die tut ihr leid). Menschenskinder, was die sich da unten immer noch antun, man hält das hier oben nicht aus, sagt sie und bei Oberhausen beginnt es zu regnen. Aber da kommen schon mal Paul Robson mit auf die Bühne und Billie Holliday und die gute alte Bessie Smith. Und John Lennon kommt dazu und allen zusammen gelingt ein ziemlich gutes „Give peace a chance” und in Oberhausen geht die Sonne auf.

Ein Gedicht von Peter Maiwald