Was da wohl für ein gläserner Palast entstehen mag? Die Leute waren neugierig, als das neue Gebäude an der Kirchhellener Straße 140 bis 142 so langsam Gestalt annahm.
Und jetzt: Der Glaspavillon zeigt sein Innenleben, ein Café, freizügig. Aber die Kette Horsthemke hat sich mit etwas für Oberhausener Bäckereien ganz Neuem aus dem Fenster gelehnt. Das Café ist ein Café und ist ein Drive-in.
Im Lexikon steht unter dem Begriff „Drive-in”, das es sich dabei um einen Scheinanglizismus handelt. Der original amerikanische Ausruck sei „Drive-through” („Fahr durch”), was sich wohl hoffentlich keiner der Horsthemke-Kunden so zu Herzen nehmen wird. Aber bei den Fastfood-Ketten durften die Leute ja ausgiebig üben, immer schön vorbei und nicht mittendurch zu fahren.
Filialleiterin Jasmina Bak, die auch für den Drive-in-Schalter bei Horsthemke verantwortlich ist, traf gestern am ersten Tag auf sehr überraschte Kunden. „Aber sie haben sich auch gefreut”, sagte sie. Richtig viele sollen morgens die Gelegenheit genutzt haben, mal eben im Trainingsanzug – mehr oder weniger gut getarnt im Auto – schnell das Frühstück zu besorgen. Andere holten sich auf dem Weg zur Arbeit im Vorbeifahren belegte Brötchen und Kaffee.
Später wird es im Café richtig voll. Das ist durch die großen Glasfronten sehr hell. Die Einrichtung in rot und braun, den Horsthemkefarben, „strahlt Wärme und Geborgenheit aus”, sagt Verkaufsleiter Holger Dost. Okay, da fehlt eigentlich nur noch ein heißer Kaffee, und die Idylle ist perfekt. Doch im harten Geschäftsleben ist sie das selten von Dauer. „Man muss laufend was Neues machen”, sagt Dost. Die klassische Bäckerei steht mehr oder weniger auf der „Roten Liste”.
„Ein Drive-in war schon lange in unseren Köpfen”, sagt Dost über das Modell. Und dann hätten sie ihre Chance gewittert, diese Idee umzusetzen. „So können wir eine neue Vertriebsart auprobieren”, verdeutlicht Dost.
Aber warum gerade hier an der Kirchhellener Straße – in dieser etwas Autobahn-umtosten einsam-grauen Ecke? Natürlich ist es gerade die A2, auf die die Geschäftsleute setzen. Wer zur Autobahn fährt oder von ihr kommt, der nimmt vielleicht noch schnell etwas Proviant mit. Außerdem ist einer der beiden Hauptsitze der backenden Betriebe Horsthemkes gleich nebenan. Nur einen Katzensprung entfernt. Und dann gibt es noch den Sportlagerverkauf. Sind Sportler nicht immer hungrig? Trinkgut und Aldi sind Nachbarn. Bekommt man beim Einkaufen nicht schnell Appetit? So sah man seitens der Unternehmenesleitung viele Standortvorteile. Einen weiteren Pluspunkt nennt Dost: „Wir hatten die Option auf dieses Grundstück.”
Wird den Menschen mit dem Drive-in nun der letzte Bäckerei-Schrei aufgetischt, können sie dort die vorletzte Innovation gleich mit genießen. Warmes Essen. Pizza oder Nudeln, das ist die Frage, die sich nicht nur dem fahrenden Kunden-Volk stellt. „Das dauert natürlich etwas länger”, sagt Mitrabeiter Sebastian Nolten über das sogenannte „Front-Cooking”. Noch so ein Anglizismus, hinter dem sich verbirgt, dass der Koch nichts zu verbergen hat. Der Kunde kann nämlich gucken, wie sein Gericht zubereitet wird. Und übrigens bescherte auch das neue Nichtraucher-Gesetz den Bäckereien eine Neuerung: die Raucher-Lounge. Bei seinem Auto kann dann natürlich jeder selbst entscheiden, ob er in einer Raucher- oder Nichtraucher-Lounge ins Drive-in kutschiert.