Der Aufruf der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi an die Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt-Einrichtungen in NRW zu einem zweitägigen Warnstreik wurde nach Auskunft von Awo-Geschäftsführer Jochen Kamps – selbst Verdi-Mitglied – von den 75 Beschäftigten in Oberhausen gestern nicht befolgt. Er warnt vor zu hohen Tarifforderungen, weil dadurch letztendlich Arbeitsplätze gefährdet würden. Zudem verlangt er ein Umdenken der Tarifparteien bei den Verhandlungen.

„Wir müssen weg von der üblichen Verhandlungsroutine von Forderung, Ablehnung, Forderung, Angebot und irgendwann dann mal Einigung“, sagt Kamps. Gewerkschaft und Awo-Arbeitgeberverband müssten an einem Strang ziehen.

Verdi fordert für die 36 000 Tarifbeschäftigten in NRW eine Einkommenserhöhung um einen Sockelbetrag von 100 Euro zuzüglich 3,5 Prozent, 100 Euro mehr für Auszubildende sowie einen Tag mehr Urlaub. Kamps macht hier folgende Rechnung auf: „Das Kinderbildungsgesetz zum Beispiel sieht eine jährliche Steigerung der Personalkosten von 1,5 Prozent vor. Alle Abschlüsse, die darüber liegen, bedeuten für uns also einen Verlust.“ Um den zu kompensieren, müsste die Awo auf Rücklagen zurückgreifen, ihre Leistungen einschränken oder sich aus bestimmten Aufgabenfeldern zurückziehen. Angesichts ihrer finanziellen Lage sei auch bei der Stadt kein Geld zu holen.

Zudem stünden Wohlfahrtsverbände wie die Awo in Konkurrenz zu anderen Anbietern. „Die zahlen ihren Mitarbeitern oft deutlich weniger.“ Sie könnten also bei ihren Angeboten günstiger sein, was wiederum die Gefahr erhöhe, dass die Awo nicht den Zuschlag erhalte. „Wenn wir weg vom Fenster sind, müssen wir Menschen entlassen.“

Mit den Geschäftsführern anderer Kreisverbände hat Kamps die Landestarifkommission der Awo gebeten, sich mit der Verdi-Seite darüber auszutauschen, wie Aufgaben der Daseinsvorsorge mit gemeinnützigen Organisationen auch in Zukunft gesichert werden können. „Hier muss es Gespräche geben.“

Verdi-Verhandlungsführer Wolfgang Cremer wirft der Awo NRW vor, sie wolle der „Billigheimer der Wohlfahrtsverbände auf Kosten der Beschäftigten werden“. Von der Forderung nach gleicher Bezahlung wie in städtischen Kitas, Senioren- und Behinderteneinrichtungen werde die Gewerkschaft auf keinen Fall abweichen.