Oberhausen. . Helene Fischer spielt in der Oberhausener Arena vor 10.000 Fans mit Farben und Musikstilen. Schlager trifft auf Rap und Pop. Mit einem Kleid zeigt sie ihr Herz für die Stadt. Ihre Garderobe wechselte die 30-Jährige während des dreistündigen Konzerts mehrfach.
Am Ende breitet sie die Arme aus und deutet auf ihr knapp geschnittenes Pailletten-Kleid: „I love Oberhausen“ ist darauf gestickt. Helene Fischer schmeichelt in der Arena atemlos durch die Nacht.
Dass es strengen Schlager-Puristen bei der Tournee „Farbenspiel“ zu bunt werden könnte, mag daran liegen, dass von volkstümlichen Konzerten der Sängerin nur noch die Hülle übrig geblieben ist. Sie rappt, rockt und verbiegt ihren Körper wie im Staatsballett. Und doch kann man der knapp 1,60 Meter kleinen Sängerin auch für die weitesten Genre-Ausflüge nicht wirklich böse sein. Nach drei Stunden Musik und Spektakel singen die Fans: „Oh, wie ist das schön!“
Klassiker „Mitten im Paradies“ und „Phänomen“
Helene Fischer hat ihren Kleiderschrank weit geöffnet. Elegant: luftige schwarze Bluse mit Lametta-Stickereien. Sexy: hochhackige blaue Boots. Oder eben auch skurril: im Fan-Shirt der Gruppe „Kiss“ mit rockiger Lederweste samt Flammenaufdruck.
Wenn zwischen ihren Klassikern „Mitten im Paradies“ und „Phänomen“ bei „I love Rock’n’Roll“ von den Arrows die Gitarren klirren, zu „Sexy Back“ von Justin Timberlake kurz ein Rapper vorbeischaut oder bei „Wake me up inside“ von Evanescence auch noch Nu Metal erklingt, fühlt man sich nicht unbedingt wie bei einer Sängerin, die vor zwei Jahren mit der „Goldenen Henne“ quasi den Volksmusik-Oscar gewonnen hat.
Flug auf einer Vogel-Skulptur
Zumindest die Bühne kann sich mit US-Produktionen messen: Auf einem ähnlich breiten Bühnensteg hat man zuletzt R’n’B-Lady Beyoncé stolzieren sehen. Die Flugeinlage auf einer an Drähten gezogenen 15-Meter-Skulptur eines Fantasie-Vogels (Fischer: „Wir haben ihn Birdy getauft!“) erinnert an Pink.
Dennoch wirkt „Farbenspiel“ nicht wie ein Stück helenisierte Popkultur. Und das liegt an der Protagonistin selbst, die sich trotz ausverkaufter Hallen und Stadien auf der Bühne eine gesunde Portion Authentizität bewahrt hat.
Dazu zählt eben auch, einen sechsjährigen Fan für einige Sekunden auf die Bühne zu holen. Oder die Blumen und Geschenke von Verehrern am Fotograben persönlich entgegenzunehmen und schnell an herbeieilende Bühnenhelfer weiterzugeben: „Damit die Blumen schnell in eine Vase mit Wasser kommen...“
Endlos-Ohrwurm „Atemlos durch die Nacht“
16 Musiker begleiten Helene Fischers Konzert, einige der elf Tänzer turnen mit der im sibirischen Krasnojarsk geborenen Sängerin an flotten Hebefiguren. Helene Fischer zeigt sich topfit und hat auch nach schweißtreibenden Tanzschritten genügend Luft, um ins Publikum zu lächeln.
„Heute treiben wir es bunt – spielen mit den Farben“, sagt sie. 250 ausgesuchte Fans in einem Graben vor der Bühne zupfen noch kurz an ihren weißen T-Shirts und schimmern fortan im Projektor-Licht in den Regenbogenfarben wie eine lebendige Leinwand.
Ein scheinbar endloses Schauspiel. Um 23.20 Uhr macht Helene Fischer dann aber doch Feierabend und orientiert sich damit am eigenen Klanggut. „Verlieb’ dich nie nach Mitternacht“ hat sie selbst einmal gesungen. Gewaltiger Applaus — duftes Konzert. Das liegt auch an den Proben von Helene Fischers Parfüm-Marke „That’s me“, die Helfer am Ausgang verteilen und die Arena damit in eine aufdringlich süßliche Wolke hüllen.