Sechs Jahrzehnte Film- und Festivalgeschichte in 750 Ordnern und mehr als 200 digitalen Datenträgern: Ein Projekt, das vor rund zwölf Jahren begonnen hat, ist nun zum (vorläufigen) Abschluss gekommen. Das Archiv der Oberhausener Kurzfilmtage ist aufgearbeitet.
2002 begannen die Internationalen Kurzfilmtage, ihr Archiv zunächst für die Vorbereitung auf das 50-jährige Jubiläum 2004 systematisch zu sichten. Im Januar 2014 wurde das Projekt anlässlich des 60. Geburtstags der Kurzfilmtage wieder aufgenommen. Von Januar bis Mai sichtete und ordnete der Filmexperte Dirk Hausmann die Schriften und Fotos aus der Festivalgeschichte, darunter über 120 Kisten Material aus dem Stadtarchiv.
Oberhausener Sportfilmtage
Das Schriftenarchiv deckt nun den Zeitraum von 1953 bis 2000 ab, das Fotoarchiv den Zeitraum von 1955 bis 2009. Erstmals sind auch die Unterlagen zu den Sportfilmtagen, die von 1968 bis 1979 in Oberhausen stattfanden, gesichtet und geordnet worden. Über 750 Ordner mit Dokumenten und Fotos aus der ereignisreichen Geschichte des Festivals stehen nun für Forschung und Recherche zur Verfügung, dazu weit mehr als 200 Foto-CDs, Plakate und Urkunden, aber auch Objekte wie Streichholzbriefchen oder Mini-Filmklappen, die einmal fürs Festival werben sollten.
Möglich gemacht wurde die letzte, besonders intensive Phase der Aufarbeitung durch die Förderung der Sparkassen-Bürgerstiftung, der Stiftung Kultur und Bildung und der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland. Doch „abgeschlossen ist ein solches Projekt nie“, sagt Dirk Hausmann: „Ein Archiv ist ein lebendiger Organismus. Jedes Jahr kommen bei den Kurzfilmtagen neue Materialien hinzu, die nicht nur die Festivalgeschichte, sondern immer auch ein Stück Zeitgeschichte transportieren.“
Fotos aus sechs Jahrzehnten
Die erste im Archiv dokumentierte Erwähnung des Festivals stammt aus einem Brief Hilmar Hoffmanns vom 15. März 1954 an den Landesverband der Volkshochschulen NRW. Er weist darin auf den Jahresbericht der „Fachstelle Film“ hin und „erlaubt sich vorzuschlagen, um das Interesse am Kultur- und Dokumentarfilm zu wecken und die Volkshochschulen anzuregen, geschlossene Filmreihen in ihr Arbeitsprogramm aufzunehmen, im kommenden Herbst eine Kulturfilmwoche durchzuführen, die in Oberhausen stattfinden könnte“.
Dokumente rund um das Oberhausener Manifest, Luise Albertz’ legendärer Briefwechsel mit dem damaligen Innenminister Werner Höcherl in den 1960er-Jahren, die Original-Protestnoten, mit denen deutsche Regisseure wie Adolf Winkelmann oder Thomas Struck ihre Filme 1968 aus dem Programm zurückzogen, als Hellmuth Costards „Besonders wertvoll“ nicht gezeigt werden sollte, sind nun geordnet und zugänglich.
Fotos aus sechs Jahrzehnten komplettieren die Sammlung und illustrieren, welch große historische Zeitspanne 60 Jahre Festivalgeschichte abdecken. „Wir konnten viele Lücken in der Festivaldokumentation schließen, wenn auch leider nicht alle, vor allem im ersten Festivaljahrzehnt“, so Festivalleiter Lars Henrik Gass. „Es bleibt noch viel zu tun, aber wir freuen uns, dass wir nun auf die Anfragen von Studierenden und anderen Filmfachleuten, die uns immer wieder erreichen, adäquater reagieren können als bisher.“