Oberhausen..
„Es ist immer noch etwas Besonderes, wenn der Gewerkschaftsführer in ein Haus der Unternehmer kommt.“ Mit diesen Worten begrüßte der Vorstandsvorsitzende des Unternehmerverbandes, Wim Abbing, den 1. Vorsitzenden der IG Metall, Detlef Wetzel, beim Unternehmertag. Gut 200 Gäste waren gekommen, um zu erfahren, was beide Seiten verbindet und wo die Unterschiede liegen.
„Die Rente mit 63 ist ein Schlag in die Magengrube der deutschen Wirtschaft“, machte Abbing seine Position zum früheren Renteneintritt deutlich. Scharf kritisierte er auch den Mindestlohn. Dieser sei ein Dammbruch, der die Tarifpartnerschaft insgesamt erfasse. Bei aller Kritik an der aktuellen Gewerkschaftspolitik sieht der Unternehmerverband aber auch ein starkes tarifpolitisches Fundament, auf das man aufbauen könne. „Unsere Tarifpartnerschaft und die Art, wie wir sie mit Leben erfüllen, ist ein Pfund im Wettbewerb“, sprach Abbing den Gewerkschaftschef direkt an.
Beibehaltung der Tarifautonomie
Wetzel gestand zu: „Die Tarifautonomie und funktionierende Flächentarifverträge sind das wesentliche Fundament der Arbeitsbeziehungen.“ Er beklagte allerdings, dass die Tarifbindung der Unternehmen kontinuierlich zurückgehe.
In der aktuellen Debatte um den Mindestlohn sieht auch er die Gefahr einer schrittweisen Entmachtung der Tarifpartner sowie der Politisierung und Instrumentalisierung des Mindestlohns. Dabei beziehen sich die Sorgen des Gewerkschaftsführers nicht auf die Einführung des Mindestlohns an sich, sondern auf seine Ausgestaltung und die geplante Mindestlohn-Kommission. Es dürfe nicht dazu kommen, dass sich die Empfehlungen der Kommission zur Anhebung des Mindestlohns zu einer Art allgemeiner Lohnleitlinie für Tarifverhandlungen entwickeln. Stattdessen solle die allgemeine Tarifentwicklung Basis für die Anhebung des Mindestlohns sein.
Wachsender Niedriglohnsektor
„Der Mindestlohn ist kein Eingriff in die Tarifautonomie, sondern Ausdruck des Versagens der Zivilgesellschaft, indem sie tariffreien Raum zugelassen hat“, machte Wetzel klar. Er verwies dabei auf einen wachsenden Niedriglohnsektor. Viele Menschen könnten von ihrer Arbeit nicht leben.
Das zentrales Ziel künftiger Tarifverhandlungen sei „mehr Zeitsouveränität für Arbeitnehmer und Arbeitgeber“. Die Arbeitszeiten müssten der Lebenswirklichkeit stärker Rechnung tragen. Vor allem müssten sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Stress und Überforderung seien heute die Realität, wenn man beides kombinieren wolle. Er plädierte für die Schaffung tarifvertraglicher Regelungen.
Die Rentenpläne der Bundesregierung verteidigte der Gewerkschafter. „Nach vielen Jahren gibt es mal wieder eine Politik zugunsten von Arbeitnehmern und Rentnern. Die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren ist die Anerkennung der Lebensleistung für Menschen, die 45 Jahre hart gearbeitet haben“, so Wetzel.