Oberhausen. . Ingrid Wenzler hat fünf Jahre die größte Oberhausener Schule, die Gesamtschule Osterfeld geleitet. Jetzt geht die 65-jährige, couragierte und viel beachtete Fürsprecherin der Osterfelder Schülerin den Ruhestand. Aktiv für Kinder und Jugendliche bleibt sie aber auch künftig.

Da ist es wieder, dieses kämpferische Glühen in ihren Augen. Ingrid Wenzler sitzt in ihrem Büro in der Gesamtschule Osterfeld und erzählt von einer Gruppe von Schülern, die mit schlechten Empfehlungen der Grundschule zu ihr kamen und hier, an der GSO, einen guten Abschluss hinlegten. „Wir haben gute Kinder hier, die voller Chancen sind“, sagt Wenzler und ihre Augen blitzen auf. „Daran glauben wir.“

Fünf Jahre leitete Wenzler mit diesem Esprit die GSO, die größte weiterführende Schule Oberhausens. Am heutigen Mittwoch verabschiedet sich die 65-jährige couragierte und in Osterfeld viel beachtete Pädagogin in den Ruhestand.

Als Erste aufs Gymnasium geschafft

Fast 40 Jahre lang hat sie sich für die Idee des gemeinsamen Lernens, die Einrichtung und Entwicklung von Gesamtschulen in der Stadt eingesetzt. „Ich wollte immer Kinder unterrichten, die eben nicht von Hause aus aufs Abitur vorbereitet werden“, sagt Wenzler. Sie war selbst das erste Mädchen im Heimatdorf, das zum Gymnasium ging und später die Universität besuchte. In Konstanz und Glasgow lernte sie, kam bald an ein Gymnasium mit Schülern aus gutem Haus. Wenzler blieb keine zwei Jahre.

In Osterfeld fand Wenzler ihre Aufgabe: 1977 übernahm sie ihre erste Klasse an der noch jungen GSO. Wenzler war so überzeugt von dem Konzept der Gesamtschule, dass sie sich sofort für die Gründung einer zweiten einsetzte: „Heinrich Böll“ entstand 1981.

„Die Gesamtschule passt in die Zeit“, sagt Wenzler. Besonders gelte dies für die Ganztagsstruktur: „In der Mensa stehen Schüler und Lehrer in einer Reihe. Man lernt sich kennen.“ Und schätzen: Im Stadtteil wird Wenzler dafür gelobt, dass sie nicht nur große Stücke auf ihre Schüler hält, sondern umgekehrt die Schüler die 65-Jährige schätzen. „Ingrid Wenzler packt an und setzt sich für ihre Schüler ein“, heißt es. Das gilt auch und besonders für Kinder aus Zuwandererfamilien. 1977 waren die ersten Mädchen aus türkischen Familien in Wenzlers Klasse; heute kommt mehr als die Hälfte der Schüler aus Zuwandererfamilien.

Bis 1988 blieb Wenzler in Osterfeld, dann baute sie in Düsseldorf eine Gesamtschule auf, die sie bis 1997 leitete und wechselte in die Schulaufsicht. Ihre alte Schule vergaß sie nie. 2009, nach dem plötzlichen Tod von GSO-Schulleiter Andreas Fontein, kam sie zurück.

Stellvertreter wird wohl Nachfolger

Ingrid Wenzler wird am heutigen Mittwoch um 14 Uhr in der Aula der Gesamtschule Osterfeld an der Heinestraße verabschiedet. Erwartet wird, dass sie zu diesem Zeitpunkt auch über ihre Nachfolge informieren wird.

Bisher wird davon ausgegangen, dass ihr derzeitiger Stellvertreter, Carsten Kühn, die Leitung der Gesamtschule Osterfeld übernehmen wird. Offiziell entschieden ist dies allerdings noch nicht.

Hier traf sie auf eine Schule, die unter ihrem schwierigen Ruf ächzte. Wenzler vernetzte sich im Stadtteil, machte Schulprojekte publik, sprach für ihre Schüler bei vielen Gelegenheiten. „Ich dachte, dass der innere Wandel nach außen strahlt. Es war ein schmerzhafter Lernprozess zu sehen, dass das nicht klappte.“ Ihrem Nachfolger wünsche sie, dass ihm dies gelinge.

Ganz zur Ruhe setzen wolle sie sich nicht: Wenzler sitzt seit rund zwei Jahren der Stiftung Gesamtschule vor, in der sie sich auch für den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung engagiert. Diese Arbeit will sie weiterführen, auch in der Flüchtlingsarbeit aktiver werden.

Bis zuletzt, so wird klar, will sie sich für jene Menschen einsetzen, für deren Chancen und Qualitäten andere vielleicht nur einen flüchtigen Blick übrig haben.