Oberhausen. Bei der allerersten Ratssitzung der neuen Wahlperiode von 2014 bis 2020 ging es ein wenig zu wie bei neu zusammengewürfelten Schulklassen zu Schuljahresbeginn. Es gab kleinere Aufregungen, Nervositäten, Vergesslichkeiten und Mini-Pannen.

Die Atmosphäre im zweiten Stock des Rathauses, im holzgetäfelten Saal für die nunmehr 60 Ratsherren und Ratsdamen aus jetzt sechs verschiedenen Parteien, gleicht ein wenig dem ersten Tag einer neu zusammengewürfelten Schulklasse: Man sucht etwas verzweifelt nach dem richtigen Sitzplatz, man schaut verwundert, welch merkwürdiger Nachbar sich da in dem braunen Lederstuhl lümmelt und ist ansonsten etwas angespannt-nervös. Einige finden wichtige Dokumente nicht, andere vergessen ein paar entscheidende Namen oder wundern sich darüber, dass man nur ein einziges Kreuz auf Stimmzetteln machen darf.

Blutige Politikanfänger

Es ist die Mutter aller Ratssitzungen, die erste Sitzung des neuen Rates der Stadt in der Wahlperiode 2014 bis 2020: Blutige Politikanfänger wie die fünf Bürgerbündnis-Mandatsträger treffen auf altgediente mit allen Wassern gewaschene Polit-Kämpen und auf junge Nachwuchstalente etablierter Parteien. Die meisten haben sich ein wenig schicker gemacht als sonst: Die Herren tragen gerne Schlips und Jackett, die Damen ein Kostümjäckchen oder Bluse.

Erst kurz vor der konstituierenden Sitzung sind Meinungsverschiedenheiten mit der neuen Bürgertruppe um Fraktionschef Karl-Heinz Mellis ausgeräumt worden. „Man wollte uns ganz rechts im Ratssaal platzieren, aber da stehen wir doch ideologisch überhaupt nicht. Nach unseren Wünschen sind wir zunächst nicht gefragt worden, nur die anderen Fraktionen“, kritisiert Mellis. Nun sitzen die fünf BOB-Leute zwischen Grüne/FDP und CDU – in der Mitte.

Einig wurde man sich zuvor auch bei Zahl und Umfang der Ausschüsse: Statt bisher 19 haben diese nun meist 23 Mitglieder – so kann in der Regel die auf Miniformat geschrumpfte FDP teilnehmen und die kleinen Fraktionen (BOB, Linke sowie Grüne) sind dort mit je zwei Ratsmitgliedern vertreten.

Um 12.07 Uhr begann dann Oberbürgermeister Klaus Wehling (SPD) als Sitzungsleiter nach einigen Formalien jeden Namen der neu gewählten Ratsmitglieder vorzulesen, die daraufhin aufstanden und in die Runde nickten: Lässig, ernst oder mit einigem Stolz.

Elf Fachausschüsse diskutieren künftig die Stadtpolitik

Die Bürgermeisterinnen Elia Albrecht-Mainz (SPD) und Stefanie Opitz (Grüne) wurden mit 30 Stimmen zur ersten und dritten Stellvertreterin von OB Klaus Wehling wiedergewählt, Klaus-Dieter Broß (CDU) als zweiter Stellvertreter mit 22 Stimmen. Von 61 abgegebenen Stimmen (inklusive OB Wehling) waren 52 gültig, neun Stimmen ungültig. Elf Ausschüsse richtete der Rat einstimmig ein. Auffällig: Haupt- und Finanzausschuss wurden getrennt in Hauptausschuss sowie Finanz- und Personalausschuss. Zudem existiert künftig ein Gleichstellungsausschuss. Aufregung gab’s bei der Wahl des Aufsichtsrates der Stadttochter OGM: „Sauerei“, schimpfte Linken-Fraktionschef Yusuf Karacelik, als klar wurde, dass die FDP wohl durch Absprache mit der SPD einen OGM-Sitz erhielt – während Linke oder BOB leer ausgehen sollten. Durch Los erhielt die Linke dann einen Sitz.

„Ich halte fest, dass sich der Rat konstituiert hat ... “, sagte Wehling und löste die erste Unruhe aus: Die Namen der nur noch zwei FDP-Ratsmitglieder Hans-Otto Runkler und Regina Boos fehlten — und so setzte Wehling schlagfertig fort: „... wenn es die FDP nicht in den Rat geschafft hätte, aber das hat sie ja“, und nannte die Vergessenen. Dann wurden alle Ratsleute stehend aufs Wohl der Stadt verpflichtet.

Bei der geheimen Wahl der drei Bürgermeister, die drei ehrenamtlichen Stellvertreter Wehlings, sorgte der Stimmzettel für soviel Wirrwarr, dass gleich neun Ratsmitglieder den Zettel ungültig ausfüllten.

Inhaltlich wurde auch entschieden: BOB brachte seine Anregung eines eigenen Beschwerdeausschusses für Bürger nicht durch, weil die neue Ampelkoalition von SPD, Grünen und FDP (plus OB-Stimme) den Hauptausschuss dafür als ausreichend betrachteten.

Die Linke scheiterte mit der Idee, die Wahlpannen (falsche Stimmzettel) durch einen Untersuchungsausschuss aufzuklären, da es dafür, so die Ampel, schon einen Wahlprüfungsausschuss gebe.