Mit einem gar nicht mehr so seltenen Delikt hat seit dem gestrigen Dienstag das Landgericht Duisburg zu tun: Entziehung elektrischer Energie. Ein 36-jähriger Oberhausener kämpft in zweiter Instanz gegen eine Haftstrafe, die ihm das Amtsgericht dafür aufbrummte, dass er reichlich amateurhaft seiner Nachbarin den Strom abgezapft haben soll.

Die Nachbarin hatte den Vermieter alarmiert und die Polizei, weil sie im Juni 2013 plötzlich im Dunkeln saß. Es stellte sich heraus, dass durchaus noch Strom über den Zähler der Frau lief – nur nicht mehr in ihre Wohnung. Der mutmaßliche Übeltäter war schnell gefunden: der 36-Jährige, der eine Rechnung von 1500 Euro bei der Energieversorgung Oberhausen (EVO) offen hatte. Dessen Stromzähler war schon zwei Monate zuvor ausgebaut worden, nachdem eine normale Sperre illegal zwei Mal überbrückt worden war.

Der Oberhausener Amtsrichter war jedenfalls fest von der Schuld des Angeklagten überzeugt. Seine Überlegung: Wer hätte sonst ein Motiv für das Anzapfen des fremden Zählers gehabt? Für eine derart unsoziale Tat, so hieß es im Urteil, komme nur eine Haftstrafe in Frage. Zumal die dilettantische Verkabelung zu einem Brand in dem Mehrfamilienhaus hätte führen können. Sechs Monate Haft brummte er dem Täter auf.

Verteidiger mit Bildungslücken

Der kämpft in der Berufung nun gegen den Knast. Schweigend. Sein Verteidiger redet dafür umso mehr. Er will unbedingt eine Einstellung des Verfahrens und offenbarte gestern Bildungslücken. So forderte er ein Sachverständigengutachten, um die Frage zu klären, ob ohne Stromzähler überhaupt Strom in die Wohnung des Angeklagten gelangt sein könne. „Das ist ja schließlich nicht nur ein Gerät, das den Verbrauch misst, sondern auch ein Motor, der den Strom in die Wohnung befördert“, argumentierte der wackere Wahrer der Rechtsordnung an allen elektrischen Realitäten vorbei.

Die Frage, wohin der abgezapfte Strom ging, ist allerdings tatsächlich noch nicht abschließend beantwortet. Aufschluss erhofft sich das Berufungsgericht durch die Vernehmung eines EVO-Monteurs, der bei der Fortsetzung des Prozesses am 18. Juni aussagen soll.