Oberhausen. . Ab dem 1. Juli droht den freiberuflichen Hebammen in Oberhausen eine verheerende Kostenexplosion. Gerade erst scheiterten die Verhandlungen zwischen dem Berufsverband und den Krankenkassen. Künftig müssen die Hebammen die massiv steigende Haftpflichtprämie aufbringen.

Die freiberuflichen Hebammen in Oberhausen bangen um ihre Existenz, weil ihnen ab 1. Juli eine verheerende Kostenexplosion droht. Gerade erst scheiterten die Verhandlungen zwischen dem Berufsverband und den Krankenkassen. Nun müssen die Hebammen ohne weitere finanzielle Unterstützung der Kassen die massiv steigende Haftpflichtprämie aufbringen. Für Geburtsbegleiterinnen wie Evelyn Klingels bedeutet das zusätzliche Kosten von rund 1000 Euro im Jahr. „Es ist unheimlich belastend, wenn man nicht weiß, ob man es sich auch in Zukunft leisten kann, weiterhin seiner Arbeit nachzugehen“, so die 33-Jährige.

Als die zweifache Mutter vor acht Jahren anfing, Geburten als freiberufliche Hebamme zu begleiten, belief sich die Prämie für die Haftpflichtversicherung noch auf etwa 2000 Euro. Nach der anstehenden Erhöhung Anfang Juli sind es mehr als 5000 Euro. „Diese Steigerungen sind in der Vergangenheit nicht durch höhere Zuschüsse der Krankenkassen in Gänze aufgefangen worden“, bemängelt Klingels.

Rund um die Uhr in Bereitschaft

Ein weiteres Problem: Die Haftpflichtprämie ist ein fester Betrag, während sich auf der anderen Seite die Zuschüsse der Krankenkasse nach der Anzahl der betreuten Geburten richten. „Ich habe zwei kleine Kinder, und da schaffe ich einfach nicht mehr als maximal drei Geburten im Monat. Schließlich muss man dann ja auch rund um die Uhr zur Verfügung stehen.“ Kolleginnen, die mehr Geburten begleiten, hätten es da etwas leichter, weil sie mehr Zuschüsse bekämen, so Klingels.

Ihre Kollegin Christina Richter (25) hat derweil noch nicht eine einzige Geburt als Freiberuflerin begleitet. „Als Berufseinsteigerin sind mir die Versicherungskosten dafür einfach zu hoch“, verrät sie. Frisch examiniert bietet sie bis dato nur Vor- und Nachsorge sowie diverse Kurse für Schwangere an. Dadurch, dass sie die Leistung Geburtsbegleitung ausspart, muss sie statt mehr als 5000 nur rund 500 Euro an die Versicherung zahlen.

„Ich kann aus Kostengründen meine eigentliche Tätigkeit nicht ausüben. Da fühle ich mich beruflich schon sehr eingeschränkt“, schimpft die Neu-Oberhausenerin, die freimütig zugibt, derzeit ein wenig ratlos zu sein. „Alle bemängeln die niedrige Geburtenrate in Deutschland, aber dennoch wird dieser gesamte Bereich total vernachlässigt. Das passt doch nicht zusammen.“

Höhere Lebenswartung

Die immer besser werdende medizinische Versorgung ist ein Grund für die hohen Haftpflichtprämien der freiberuflichen Hebammen.

Kommt heute ein Kind bei der Geburt zu Schaden, hat es wegen des medizinischen Fortschritts eine höhere Lebenserwartung als in der Vergangenheit.

Dementsprechend kostet die medizinische Versorgung aber auch mehr und die Haftpflichtversicherer müssen für eine höhere Summe aufkommen – falls die Hebamme bei der Geburt nachweislich einen Fehler gemacht hat.

Wie die Konsequenzen dieser Entwicklung aussehen, darüber sind sich die Oberhausener Hebammen einig: „Ich höre immer wieder von Geburtshäusern, die schließen, oder Hebammen, welche die Geburtsbegleitung aus ihrem Angebot streichen“, berichtet Hebamme Johanna Weinem und fährt fort: „Die Schwangeren haben dann immer weniger Wahlmöglichkeiten, wo sie ihr Kind bekommen möchten. Der Weg führt nur noch in die Klinik.“ Dort werde die Geburt allerdings rein medizinisch betreut, ergänzt Evelyn Klingels. „Vieles, was wir darüber hinaus bieten, fällt dann weg.“

Damit sich an der Gesamtsituation etwas ändert, müsse das Finanzierungsmodell grundlegend überarbeitet werden. Schließlich sei für das kommende Jahr bereits die nächste Steigerung der Haftpflichtprämie angekündigt. Klingels: „Selbst wenn die Krankenkassen jetzt noch einmal einlenken, geht 2015 das Theater von vorne los.“