Monika Lächter hat ein Problem. Normalerweise bringt die 29-jährige Arzthelferin keiner nach 23 Uhr vor die Tür. Schon gar nicht an ei­nem Freitag. „Der Wecker geht bei mir unter der Woche um fünf Uhr morgens“, sagt sie. „Da geht es zum Start ins Wochenende immer direkt auf die Couch.“ Film. Popcorn. Gute Nacht!

Diesmal hält sie am frühen Freitagabend eine Eintrittskarte für die Einslive-Radioreihe „Eine Nacht in Oberhausen“ in der Hand. „Ich bin gespannt, ob ich das packe“, sagt die Moerserin und verdreht etwas verlegen die Augen. Ihre Freundinnen verwerfen die letzten Zweifel: „Wenn Mando Diao auf der Bühne stehen, kann sie eh nicht stillhalten!“ Schwedische Rocker als koffeinfreier Weckruf. Hallo wach!

Mit Sabine Heinrich auf dem Sofa

Konzerte, Lesungen und Comedy bieten in Oberhausen verschiedene Möglichkeiten, das Durchhaltevermögen zu testen: Die ersten Konzert-Klänge erschallen am frühen Abend durch die Kulturstätten der Stadt. Erst am frühen Morgen endet das letzte Party-Getöse.

Einslive hatte zuvor zwei Tage lang die Technik-Trucks an der Turbinenhalle ausladen und durch eifriges Gefriemel-Personal Boxen-Türme und Kabel-Trommeln aufbauen lassen. Schließlich sendet der Kölner Sender die komplette Nacht live aus Oberhausen. Moderatorin Sabine Heinrich hat es sich dazu auf einem schicken weißen Sofa in der Bar „Centreville“ bequem gemacht.

„Mando Diao“ als Spätzünder

Viele der Protagonisten, die während der Radionacht auftreten, schauen im Sendezentrum-für-einen-Tag vorbei: Shootingstar Ge­orge Ezra kann nicht lange im In­terview plaudern. Er wechselt hastig in die Kultur-Kneipe Gdanska. Hier spielt der erst 20-jährige Brite ein recht kuscheliges Club-Konzert vor 150 Fans.

Ezra hätte locker die zehnfache Größe füllen können, doch der Mann, der mit „Budapest“ den dritten Platz der hiesigen Charts belegte, spielt im intimen Saal seine Stärken aus. „Bob Dylans Enkel“, schmeichelt Moderatorin Anika Wiesbeck. Nach einer guten Stunde Schmuse-Alarm wechseln die ersten schon zu den Radio-Partys.

Zuvor hatte Jan Delay, weißes Hemd mit Leoparden-Schlips, ohne jede Verspätung in der Turbinenhalle vor 3500 Anhängern sein Radiokonzert angestimmt. Auch wenn sich einige Fans im neuen Album „Hammer und Michel“ rockiger gewordenen Hamburger erst arg gewöhnen müssen - seine Show bietet den gewohnten Pep. Überhaupt kehrt Jan Delay gerade erst zum Tagesgeschäft zurück. Nachdem er Schlager-Altstar Heino in einem Interview als „Nazi“ beschimpfte, zahlte der Hamburger 20 000 Euro Schmerzensgeld.

Nun pöbelt Jan Delay lieber ge­gen sich selbst: Aus Oberhausen sendet der Sänger über Facebook ein Bild mit seinem Konterfei als lebensgroßen Pappaufsteller. Kommentar: „Lustig, was man hier in Oberhausen für Spacken trifft...“

Und sonst? Comedy-Stars in der Luise-Albertz-Halle, unfassbar laute punkrockende „Broilers“ im „Druckluft“ und eine Lesung mit Moderatorin und Autorin Katrin Bauerfeind im Rheinischen Indus­triemuseum.

Doch ins Bett geht keiner ohne das Konzert der schwedischen Indie-Rocker „Mando Diao“ vor 1400 Fans im Anbau der Turbinenhalle. Sie beweisen die beste Ausdauer: Erst gegen Mitternacht erschallen die Schweden-Schwingungen („Dance with somebody“). Wobei die Gruppe Freude daran hat, nicht nur ihre Gitarren, sondern auch die Synthesizer-Samples auszuprobieren.