Oberhausen. . Spanische IG-Metallerin schildert drastisch die Folgen der Euro-Finanzkrise: „Hunderttausende Arbeitsplätze gingen in Spanien verloren, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 56 Prozent“, so Isabel Valle López. Gewerkschafter setzen sich für Mindestlohn ohne Ausnahme in Deutschland ein.

Ein revolutionärer Hauch wehte bei der 1. Mai-Kundgebung der Oberhausener Gewerkschaften am Donnerstagmorgen über den Ebertplatz, als die spanische Gewerkschafterin Isabel Valle López von der katalonischen IG Metall die über 1400 anwesenden Bürger mit „Compañeras y compañeros“ begrüßte. Da denkt man gleich an die kubanischen Revolutionäre Che Guevara und Fidel Castro – die Stimmung verfliegt aber, als die Anrede nüchtern mit „Kolleginnen und Kollegen“ übersetzt wird.

Europawahl als Richtungsentscheid

„Gute Arbeit. Soziales Europa“ hieß das bundesweite Motto des diesjährigen Gewerkschaftstages im Vorfeld der Europawahl. Der 1. Mai sollte so die Wichtigkeit der Solidarität von Arbeitnehmern in ganz Europa betonen – und wie sehr die scheinbar so fernen Brüsseler Entscheidungen die Lebenslage der Menschen bestimmen.

Die Oberhausener IG Metall hatte deshalb Lopéz eingeladen. Sie sieht die Europawahl als Richtungsentscheidung zwischen den beiden Konzepten zur Rettung des Euros und zur Stabilisierung der Wirtschaft: Entweder weiter sparen oder ein milliardenschweres Investitionsprogramm in die Infrastruktur und Bildung starten.

Keine Überraschung: Lopéz lehnt die derzeit propagierte Konsolidierungspolitik der EU für Südeuropa ab. „Durch die einseitige Sparpolitik der Troika fällt Europa sozial auseinander“, ruft Lopéz aus – und skizziert die brutalen Folgen der Euro-Finanzkrise seit 2009. „Hunderttausende Arbeitsplätze gingen in Spanien verloren, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 56 Prozent, über 600 000 Familien haben gar kein Einkommen mehr, das Arbeitslosengeld wurde drastisch gekürzt.“

Ihre Solidarität beweisend halten Oberbürgermeister Klaus Wehling und Hauptrednerin, NGG-Geschäftsführerin Yvonne Sachtje, geduldig die gelb-rote glänzende Fahne der spanischen Gewerkschaft „UGT“ während der gesamten Lopéz-Rede hoch.

Sachtje, als Gewerkschafterin der Branche „Nahrung - Genuss - Gaststätten“ (NGG) mit dem harten Betriebsalltag von Arbeitnehmern im Ruhrgebiet genug konfrontiert, warb für einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro – ohne Ausnahmen, egal ob für Rentner, Praktikanten oder Jugendliche. Auch Wehling setzte sich öffentlich für einen Mindestlohn ohne Schlupflöcher ein.

Sachtje begründet diese strikte Forderung so: „Jede Ausnahme beim Mindestlohn öffnet neue Einfallstore für Lohndumping und Niedriglöhne. Die Arbeitgeber werden die Ausnahmen als Schleichwege nutzen, um die 8,50 Euro zu unterlaufen.“

Dass in der Nahrungs- und Gaststättenbranche einige Arbeitgeber alles tun, um Rechte von Arbeitnehmern auszuhöhlen oder zu unterlaufen, schildert Sachtje auf der Bühne. „Lohndumping, befristete Verträge, Werkverträge und Leiharbeit gehören bei uns leider zum Alltagsgeschäft.“