„Die heben den Bagger doch wohl nicht auf den Bunker?!“ Ungläubig, aber doch fasziniert bleibt der Mann vor seinem Auto stehen und beobachtet die Szene im Hinterhof des 70 Jahre alten Hochbunkers. Denn wirklich, hinter hohen Baustellenzäunen spannen sich zwei dicke Stahlketten um einen 27 Tonnen schweren Bagger, der dann langsam, aber stetig von einem wuchtigen Kran in 28 Metern Höhe bis aufs Dach des Bunkers gezogen wird. Der Mann schüttelt den Kopf: „Das ist ja ein Ding.“
Und was für eins: Auf der derzeit wohl spektakulärsten Baustelle in Osterfeld-Mitte geht der Abriss des Weltkriegsbunkers an der Bottroper Straße in vollen Zügen voran. Innerhalb von maximal sechs Monaten will die Spezialabbruchfirma Prangenberg und Zaum das Gebäude und drei ehemalige Wohnhäuser abreißen und so Platz schaffen für einen neuen Supermarkt.
Doch wie reißt man einen Bunker ab? 100 Stufen eines etwas wackeligen Gerüstes muss man hinaufgehen, um Andreas Polivka, Sprengmeister der Firma Gelderland Sprengtechnik, diese Frage zu stellen. Die Kurzfassung: Bei diesem Schwergewicht zählt Detailarbeit.
Rund 1000 Löcher mit einem Durchmesser von 42 Millimetern bohrt Polivka in die 2,5 Meter dicken Wände und das Dach des Bunkers. Die Löcher füllt er dann mit kleinen Ladungen Gesteinsprengstoff. Bevor er mit den Lockerungssprengungen beginnen kann, muss aber eine obere Betonschicht abgetragen werden. Dafür braucht es den Bagger auf dem Bunkerdach.
Sobald dieses Dach abgetragen ist, werden die Außenwände gelockert, mit Felsmeißel und Bagger abgetragen. Stockwerk für Stockwerk dreht sich der Bunker gen Boden. „Wir reißen den Bunker wie ein Schneckenhaus ab“, sagt Bauleiter Dieter Paul. Anwohner beruhigt er: „Von den Sprengungen hört man nur einen Plopp.“ Die Sprengbereiche würden mit dicken Gummimatten und Stahlplatten gesichert.
Seit Januar habe sein Unternehmen den Abriss vorbereitet, allein das Schadstoffgutachten umfasse 200 Seiten. 9000 Kubikmeter Schutt werden aus Osterfeld abgetragen, das Material kommt zu Recyclinghöfen.
Anfang der Woche sollen die Sprengungen beginnen, die Andreas Polivka als „Herausforderung“ bezeichnet. Die Erfahrung macht’s: Bei der Frage, wie viele Bunker er schon abgerissen hat, kommt Polivka sogar ins Grübeln. Nimmt er einer Stadt nicht auch ein Stück Geschichte? „Wissen Sie, ich räume auf. Das ist wie zu Hause, nur eben ein bisschen mehr.“