Oberhausen. . Im Interview verspricht der Oberhausener SPD-Parteichef und Landesverkehrsminister Michael Groschek: „Wir lösen den vermeintlichen Stillstand in Oberhausen auf.“ Die Schuld an der bleiernen Zeit auf vielen Problemfeldern gibt Groschek der engen Finanzlage.

Im Interview verspicht der Oberhausener SPD-Parteichef Michael Groschek: „Wir lösen den vermeintlichen Stillstand in Oberhausen auf.“ Die Schuld an der bleiernen Zeit auf vielen Problemfeldern gibt Groschek der engen Finanzlage.

Herr Groschek, warum hat die SPD in Oberhausen wichtige Entscheidungen so oft im kleinen Kreis der Mächtigen getroffen statt die Bürger stärker einzubinden?

Michael Groschek: Das ist ein widerlegbares Vorurteil. Wir haben Bürger seit vielen Jahren sehr offensiv beteiligt: Es gibt kein SPD-Kommunalwahlprogramm, das ohne Bürgerbeteiligung entstanden wäre. Wir haben viele Entscheidungen ganz breit vorbereitet – das setzen wir jetzt fort.

Dennoch scheint es hier enormen Nachholbedarf zu geben, die SPD muss eine Lücke hinterlassen haben – oder wie erklären Sie sich, dass sich beim Runden Tisch in Osterfeld über 200 Teilnehmer versammeln?

Groschek: Das liegt nicht an einer Lücke der SPD, sondern das zeigt nur, dass die Menschen hier vor Ort natürlich ein großes Interesse daran haben zu erfahren, wie es mit größeren Projekten, wie dem Gartendom oder dem HDO-Gebäude, weitergeht. Dieses haben wir ja aufgegriffen und den Menschen mehr erklärt, welche konkreten Maßnahmen geplant sind. Die Menschen werden in der nächsten Zeit sehen, dass der vermeintliche Stillstand in Oberhausen aufgelöst wird und hier erfolgreiche Projekte entstehen.

Nun ist mit BOB, mit dem Bündnis für Oberhausener Bürger, eine neue Wählergemeinschaft entstanden. Wird Ihre Partei dadurch Stimmen verlieren?

Groschek: Das werden wir gemeinsam erst am 25. Mai wissen. Natürlich gilt immer: Eine Bürgerinitiative ist stets ein potenzieller Partner für die SPD. Denn eine Initiative bedeutet ja mehr Beteiligung von Bürgern – und das ist grundsätzlich sehr positiv. Aber wenn Initiativen beschließen, Parteien zu werden, sind sie politische Gegner im Wahlkampf.

Ist die Gründung der BOB nicht ein Zeichen dafür, dass sich die Oberhausener SPD angesichts satter Mehrheiten selbstzufrieden zurückgelehnt hat und nicht mehr genug um diese Bürger gekämpft hat?

Groschek: Nein, wir haben schon enorm in der Kommunalpolitik gekämpft. Doch die engen finanziellen Korsettstangen, die man uns eingezogen hat, haben unseren Handlungsspielraum stark geschmälert. So konnten viele Bürger den Eindruck gewinnen, wir hätten uns in Oberhausen zu langsam bewegt. Jetzt haben wir in einer großen Sparanstrengung diese Korsettstangen abgestreift und können nun wieder handeln. Das wird sich in der Stimmung der Oberhausener niederschlagen.

Gerade nach den turbulenten Jahren mit Oberbürgermeister Burkhard Drescher glauben viele Oberhausener, ihre Heimatstadt sei danach in traurigem Stillstand erstarrt. Liegen diese Bürger hier falsch?

Groschek: Unter Drescher war das natürlich eine ungeheure Wirbelwindphase, da tat es auch mal gut, sich zu konsolidieren. Das ist ein normaler Prozess. Die gemachten Rechnungen mussten ja erst einmal bezahlt werden. Die Drescher-Jahre standen unter dem Zeichen des Strukturwandels weg vom Stahl, jetzt müssen wir -- wie viele Städte -- den Strukturwandel des Handels in den Innenstädten bewältigen.

Rot-Grün hat ja ein umfangreiches Stadtentwicklungsprogramm mit 26 Punkten vorgelegt. Warum kam das so spät?

Groschek: Wir mussten für konkrete Projekte ja erst einmal Gestaltungsspielräume erlangen. Das ist uns gelungen, weil wir das Haushaltskonsolidierungskonzept 2012 in Düsseldorf durchgebracht haben. Durch diese Spielräume können wir wieder Fördermittel abrufen, die helfen, Oberhausen wieder schneller nach vorne zu bringen.

Wirft denn die Stadt nun beim Kauf der Schrottimmobilien, die kein privater Investor haben wollte, gutes Geld der Steuerzahler weg?

Groschek: Nein, das zeigt doch nur, dass bei uns gehandelt wird. Gerade in Alt-Oberhausen hat man gesehen, dass durch gute Investitionen der öffentlichen Hand, wie etwa in das Bert-Brecht-Haus oder in das Südbad, neue attraktive Ankerpunkte für die City entstanden sind – und das neue Haus der Jugend wird ein wichtiges Ausrufzeichen für die vielen Jugendlichen in der Innenstadt. Wir lassen die Stadtteile nicht verkommen. Dabei bleibt’s. Wir werden aber dabei keine großen finanziellen Risiken eingehen.

Groschek: Die Koalition mit den Grünen hat sich bewährt 

Die SPD regiert seit fünf Jahren mit den Grünen in Oberhausen. Wollen Sie diese Koalition mit den Grünen fortsetzen? Oder rechnen Sie mit der absoluten Mehrheit der SPD?

Groschek: Natürlich wünschen wir uns die eigene Mehrheit in der Stadt, aber ich glaube nicht, dass schon die Zeit gekommen ist, wieder mit einer eigenen Mehrheit gestalten zu können. Die Koalition hat sich bewährt, sie ist fast völlig konfliktfrei gelaufen, sie arbeitet sehr konstruktiv. Ich glaube, dass diese Koalition bei der Wahl sehr gute Chancen hat, bestätigt zu werden.

Was ist für Sie am 25. Mai ein gutes Ergebnis der SPD?

Groschek: Wenn die SPD von den Wählern mit einem vergleichbaren oder höheren Vertrauen ausgestattet wurde wie vor fünf Jahren. Unser Hauptproblem ist aber die Wahlmüdigkeit vieler, die Zweifel haben, ob ihre Wahlentscheidung politische Bewegung bringt. Wir müssen klar machen, dass eine Wahl auch eine Art Bürgerinitiative ist. Ich appelliere an alle, das Wahlrecht als Wahlpflicht zu begreifen. Das ist eine große demokratische Errungenschaft, die keiner links liegen lassen sollte.

Sie haben sich ja für Hartmut Schmidt als Oberbürgermeister-Kandidat ausgesprochen, der im Herbst 2015 antreten soll. Was schätzen Sie an Herrn Schmidt?

Groschek: Hartmut Schmidt ist ein toller Projektmanager, der aber auch das Herz auf dem rechten Fleck hat. Er verliert das menschliche Maß nicht aus dem Blick. Er ist sehr handfest, umsetzungsstark, aber gleichwohl auch herzlich. Das sind Charakter-Eigenschaften, die ein moderner Oberbürgermeister haben muss.

Sie sind ja seit 2012 Verkehrs- und Bauminister von NRW – ein ganz schön anstrengender Job. Bleibt Ihnen da noch genug Zeit, sich um die SPD in Oberhausen zu kümmern?

Groschek: Die Arbeit für die SPD hier ist für mich doch immer ein Quell der Erholung und Anregung (lacht). Natürlich ist aber diese Arbeit nur zu bewältigen, weil ich mit meinen beiden Stellvertretern, Elia Albrecht-Mainz und Bernhard Elsemann, zwei hervorragende Kräfte habe.

Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Landesregierung, Sie kommen aus Oberhausen, unsere Stadt hat relativ starke Lasten fürs Land getragen, wenn man nur an die JVA als kurzzeitigen Hort für Gewalttäter denkt. Kann die Landesregierung nicht mehr tun für Oberhausen?

Groschek: Über Lasten sollte man auch mal mit Nachbarstädten sprechen, die nicht nur eine einzige Last kurzzeitig schultern müssen, sondern forensische Einrichtungen dauerhaft zu tragen haben. Da wird manches relativiert. Seit die SPD wieder das Land regiert, hat sie stets Verantwortung fürs Gesamte gezeigt: Die SPD hat in Regierungsverantwortung die Entwicklung der Neuen Mitte in Oberhausen unterstützt und 82 Millionen für Ovision auf dem Stahlwerksgelände bereit gestellt – dann war es doch die CDU, die diese Entwicklung für Oberhausen ablehnte. Heute fördert das Land bereits in Alt-Oberhausen – und über Sterkrade-Mitte führen wir intensive Gespräche. Osterfeld wird gerade aus dem „Dom-Röschenschlaf“ befreit. Die SPD steht zu ihrer solidarischen Verpflichtung, den Städten im Ruhrgebiet Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Wir wollen starke selbstständige Städte, die den Strukturwandel alleine bewältigen können und nicht auf dauerhafte Alimentierung angewiesen sind