„Es ist noch Platz“ antwortete Haiou Zhang vor einiger Zeit auf die Frage, wohin er sich eigentlich noch entwickeln wolle. Dass das nicht nur eine Floskel war, wurde in der 158. Matinee des Künstlerfördervereins klar. Seine Oberhausener Freunde erlebten einen Künstler im Ebertbad, der sich zu einem Klangmagier von faszinierender Intensität entwickelt hat. Eine Virtuosität, für die es offenbar nichts Unmögliches gibt. Manches auch von ihm schon gehörte altbekannte Werk glaubte man neu wahrzunehmen.
Das begann gleich mit Bachs „Chromatischer Phantasie und Fuge“, die dessen Sohn Carl Philipp Emanuel als „schön bis in alle saecula“ bezeichnete. Bei der Interpretation durch Haiou Zhang glaubte man, vor allem in der Fuge, einen Blick in einen Raum zu werfen, in dem sich viele farbig-lebendige Elemente zu einem quasi kosmischen Ganzen vereinigen.
Weiter ging es mit der im ersten Teil latent-bedrohliche Don-Giovanni-Atmosphäre atmenden d-moll-Phantasie von Mozart.
Es folgte die später so genannte „Mondschein-Sonate“ von Beethoven mit ihrer Entwicklung von einer nicht ganz geheuer erscheinenden Ruhe im ersten bis zum gehetzten Presto-Ausbruch im letzten Satz.
Dass man auch mit nur fünf Fingern klanglich unglaublich differenziert spielen kann, zeigte Zhang in Skrabins „Prelude und Nocturne“ für die linke Hand.
Schließlich erklang „La Valse“ von Ravel in der vom Komponisten selbst stammenden Klavierfassung: Eine unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges entstandene, nach düsterem Beginn sich rauschhaft steigernde Weltuntergangsmusik. Danach zwei ruhig-harmonische Zugaben zur Erholung.
So wie Haiou Zhang die Klangfarben des Orchesters oder von Orgelregistern aus dem Flügel herauszuholen vermag, das können nur wenige. Wann entdecken die Macher des „Klavierfestivals Ruhr“ diesen Ausnahmepianisten?
Mit den Spendeneinnahmen aus dem Konzert unterstützt der Künstlerförderverein das Rotary-Projekt „Bindung schützt“ zur Betreuung vernachlässigter und bedürftiger Kinder.