Oberhausen. . Detlef Weirich (58) sitzt seit 34 Jahren im Rollstuhl. Er war 18 als man bei ihm Multiple Sklerose feststellte.

Ohne Hilfe kann Detlef Weirich seinen Alltag nicht stemmen. Seit 34 Jahren sitzt der 58-Jährige im Rollstuhl, mit 18 Jahren wurde bei ihm Multiple Sklerose diagnostiziert. Daran, dass er Hilfe braucht, hat er sich gewöhnt: „Ich hadere nicht mit meiner Krankheit; damit mache ich mir nur selbst das Leben schwer.“

Eher hadert er damit, dass seine Suche nach geeigneten Hilfskräften immer wieder erfolglos bleibt: „Ich brauche jemanden, der flexibel, zuverlässig, engagiert ist und Grundkenntnisse in der Pflege hat.“ Mehrere Versuche hat er schon mit Bewerbern gestartet, die ihm die Agentur für Arbeit schickte. Die meisten blieben erfolglos: „Manche verstanden so gut wie kein Deutsch. Ich muss mich aber mit den Menschen verständigen können“, sagt Weirich. Ein Helfer kam eine Stunde nach dem vereinbarten Termin, einen anderen übermannte in einer Sitzung der Schlaf. Ein Extrem erlebte Weirich bei einer Reise nach Berlin: „Derjenige, der mich da begleitete, kam morgens ungeduscht und in Unterhose in mein Zimmer und fragte, was er tun solle.“

Respektlos und überfürsorglich

Respektlosigkeiten solcher Art begegne er immer mal wieder, bedauert Weirich: „Und dann gibt es noch die Überfürsorglichen, die mir mit der Hand über den Kopf streicheln.“ Ihn ärgert, dass Behinderte noch immer nicht selbstverständlich in die Gesellschaft integriert sind: „Ich höre auch noch immer mal den Satz ,Sie kosten den Staat ja wohl genug Geld’. Das schmerzt.“ Und genau deshalb setzt sich der gelernte Erzieher für die Belange Behinderter ein.

Detlef Weirich ist seit Jahrzehnten in vielen Gremien, setzt sich als Vorsitzender der Oberhausener Gruppe der Deutschen Multiple Sklerose-Gesellschaft für die Erkrankten ein. Ebenso auf NRW-Ebene als stellvertretender Landesvorsitzender und als Mitglied des MS-Bundesverband. Auch im Behindertenbeirat der Stadt verfolgt er sein Ziel, das Leben für Behinderte zu erleichtern. „Und für die Begleitung zu solchen Terminen brauche ich jemanden, auf den ich mich verlassen kann.“

Er hofft, dass er doch noch Helfer findet, die ihn pflichtbewusst unterstützen – wie der Rentner, der Weirich seit Jahren begleitet: „Wenn er weiß, dass es zu einem offiziellen Termin geht, kommt er in Schlips und Kragen.“ Ein Helfer aber reicht nicht aus, dazu stehen zu viele Termine im Kalender.

Finanzieren kann Detlef Weirich die Helfer dank der Bewilligung eines „Persönlichen Budgets“ (siehe Zweittext). Als Arbeitgeber kann er damit selbstständig über einen gewissen Etat verfügen und entscheiden, wen er als Helfer beschäftigt und wen nicht. Das geschieht zumeist auf 450-Euro-Basis. Wichtig ist, dass der Helfer auch den Führerschein Klasse 3 hat: „Wir sind viel unterwegs.“

Das „Persönliche Budget“ hält Weirich für einen wichtigen Schritt in Richtung Inklusion: „Es unterstützt die Selbstständigkeit von Behinderten, die hier frei über das Geld entscheiden können.“

Leider wären viele Betroffene zu ängstlich, um ihre Rechte einzufordern: „Ich kann nur jedem raten, sich zu informieren, beispielsweise auf der Seite ‘forsea.de’.“ Für ihn ist klar: „Wir müssen sehen, dass die Barrieren aus den Köpfen verschwinden. Nur dann ist eine inklusive Gesellschaft möglich.“

Wer sich vorstellen kann, Weirich zu helfen, kann sich an ihn wenden: detlef-weirich@web.de.

Das „Persönliche Budget“ ermöglicht seit 2008 Menschen mit Behinderung, ihren individuellen Hilfebedarf eigenständig zu organisieren. Statt der ihnen zustehenden Sach- oder Dienstleistungen zur Teilhabe erhalten sie von den Rehabilitationsträgern eine Geldsumme und können selbst entscheiden, welchen Dienst oder welche Person sie in Anspruch nehmen.

Viele Menschen mit Behinderung erhalten Leistungen von mehreren Rehabilitationsträgern. In diesem Fall setzt sich das „Persönliche Budget“ aus Geldleistungen der verschiedenen Träger zusammen. Um das Verfahren zu vereinfachen, erhält der Behinderte die unterschiedlichen Teilhabeleistungen durch einen Rehabilitationsträger seiner Wahl.

Mögliche Rehabilitationsträger sind die Bundesagentur für Arbeit, die gesetzlichen Rentenversicherungsträger, gesetzliche Krankenkassen, Unfallversicherungsträger, Träger der Sozialhilfe, Integrationsämter, Träger der Kinder- und Jugendhilfe sowie Versorgungsverwaltung.

Budgetberechtigt sind behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen, die einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe und Rehabilitation haben.

Das „Persönliche Budget“ wird zumeist in Form eines monatlichen Geldbetrags erbracht. Die Höhe der finanziellen Leistung wird für jeden Hilfebedürftigen individuell ermittelt. Es dient der Finanzierung des alltäglichen und regelmäßigen Bedarfs aus stationärer, ambulanter und offener Hilfe. Typische Budgetleistungen sind u.a. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Begleitung bei der Selbstversorgung, Mobilitätshilfen, Assistenz-Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.