Die Präsentation des NRZ-Bürgerbarometers ist zu Ende – die Diskussionen um die dort aufgegriffenen Themen gehen weiter. Aktuell etwa über den Vorstoß der Grünen, im Kampf gegen den Feinstaub den Zufluss auf die besonders belastete Mülheimer Straße drastisch zu beschneiden. Die im Bürgerbarometer statistisch erhobenen Ansichten und Einschätzungen der Oberhausener sind also ein wertvoller Beitrag zur Debatte um die Zukunft der Stadt. Die Ergebnisse waren bei der dritten Befragung ihrer Art besonders spannend, eben auch weil interessante Vergleiche mit den Bürgerbarometern der Jahre 2005 und 2011 gezogen werden konnten.
Eine Stadt, die mit sich hadert
Sie spiegeln im Kern eine Stadt wider, die mit sich hadert: 72 Prozent der Befragten leben gerne oder sogar sehr gerne hier. Doch 2011 waren es noch 90 Prozent und 2005 gar 92 Prozent. Dieser dramatische Rückgang ist ein deutliches Indiz dafür, dass Oberhausen durch die anhaltenden Sparzwänge spürbar an Lebensqualität verliert.
Die Oberhausener beklagen massive Einschnitte bei der Pflege von Straßen und Grünflächen, im Nahverkehr, bei Bädern und an Schulen. Sie wollen, dass sich etwas zum Positiven wendet, dass es etwa neue Lösungen für Problemimmobilien wie HDO und Gartendom gibt.
Vielfach Stillstand und Rückschritt
Weil es vielfach Stillstand und Rückschritt gibt in dieser notleidenden Stadt, wenden sich Bürger ab. Das spüren zum Beispiel die Stadtteilzentren, die nicht nur unter dem übermächtigen Kundenmagneten Centro zu kämpfen haben, sondern zunehmend auch mit den aufrüstenden Nachbarstädten. Die Herausforderungen sind groß. Doch bislang ist es nicht einmal gelungen, dass sich der Handel in den Fußgängerzonen auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, nämlich einheitliche Öffnungszeiten, einigt.
Wachsende Unzufriedenheit gibt es, wie das Bürgerbarometer belegt, auch mit der Stadtverwaltung als Dienstleister und der Stadtregierung. Lediglich zwei Prozent der Befragten sind sehr zufrieden mit der Arbeit von Oberbürgermeister Klaus Wehling. Hingegen ist mehr als jeder Zehnte mit der Leistung des ersten Bürgers der Stadt überhaupt nicht zufrieden. Objektiv betrachtet ist ein Durchschnittswert von 3,19 auf einer Skala von 1 bis 5 kein „befriedigend“, sondern deutlich schlechter. Das muss Wehling und der in der Stadt tonangebenden SPD mit Blick auf die Kommunalwahl im Mai ernsthafte Mahnung sein: Sie wird für die Sozialdemokraten womöglich zum Urnengang mit einem der knappsten Ergebnisse seit Jahrzehnten.
Das Thema Sicherheit zündet kaum
Die CDU als größte Oppositionspartei sollte aber nicht schon frohlocken. Es ist gar nicht ausgemacht, dass ihr SPD- oder Grün-Wähler in Scharen zulaufen. Denn es ist noch kein Konzept, gegen alles zu sein, was die Stadtregierung macht. Auch das Lieblingsthema der Christdemokraten – die Sicherheit – zündet bislang kaum: Knapp zwei Drittel der Bürgerbarometer-Befragten fühlt sich sicher in der Stadt.
Hinzu kommt, dass sich das neue Bürgerbündnis BOB als Sammelbecken für Unzufriedene positioniert. Es dürfte manchem Wähler als Alternative zu Rot-Grün, CDU, einer sich an die bestehende Mehrheit anschmiegenden FDP und einer irrlichternden Linken dienen. Durch bloßes Erscheinen auf dem Wahlzettel könnte BOB einen Teil des Protestpotenzials binden – selbst ohne echtes Programm.
Bürgerbarometer ist eine vielstimmige Wortmeldung
Bei der Studie von NRZ und Universität Duisburg-Essen haben 400 Bürger gezeigt, woher der Wind weht. Die Untersuchung ist damit eine konstruktive, vielstimmige Wortmeldung zur künftigen Entwicklung Oberhausens, die es auch nach ihrer Präsentation in der NRZ im Detail zu studieren lohnt. Ganz konkret wird sich der Bürgerwille spätestens am 25. Mai bei der Kommunalwahl manifestieren.