Oberhausen. . Drei Jahre lang knüpft das Büro für Chancengleichheit ein Netzwerk zwischen den städtischen Bereichen und den Migrantenvereinen – und den Vereinen untereinander. Die Ziele sind gemeinsame Projekte, die Qualifikation der Akteure und eine Öffnung hin zur Gesellschaft.
47 Migrantenvereine gibt es in Oberhausen, vom nigerianischen Kirchenverein über den Alevitischen Kulturverein bis zum deutsch-russischen Kulturzentrum. Die Stadt will diese nun an ihre Seite holen, „als starke Partner in Sachen Integration“, wie Andreas Stahl, Leiter des Büros für Chancengleichheit, es beschreibt. Hierfür müssen sich zunächst alle kennenlernen – Stadt und Vereine sowie die Aktiven untereinander. Ein Projekt, finanziert vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, knüpft nun Schritt für Schritt ein Netzwerk, welches in Zukunft Menschen mit Migrationshintergrund besser in die Gesellschaft integrieren soll.
Eine halbe Stelle zur Verstärkung
Bewilligt wurde das Projekt bereits zum 1. Dezember. Drei Jahre lang darf das Büro für Chancengleichheit seitdem an einer besseren Zusammenarbeit mit den sogenannten Migrantenselbstorganisationen arbeiten. Der größte und wichtigste Teil der Finanzspritze ist dabei für die Schaffung einer neuen halben Personalstelle verwendet worden. Diplom-Pädagogin Derya Kurç verstärkt das Büro bei der Kontaktaufnahme mit den Migranten. Ihre bisherige Erfahrung: „Die Vereine wollen mitmachen. Sie finden es gut, dass die Stadt auf sie zugeht.“
Ein zweites Anliegen des Projekts: die Schulung und Qualifizierung der Vereinsmitglieder. Es hat bereits Angebote zu verschiedenen Themen gegeben: Schulsystem, Anerkennung ausländischer Abschlüsse, Kindergartenbeiträge, U3-Betreuung, Einbürgerung und Wahlrecht. „Die Menschen zu erreichen, das ist auch Aufgabe einer Stadt“, sagt Andreas Stahl. Dies funktioniere in vielen Bereichen nicht ausreichend. Zum Beispiel nähmen ältere Migranten die städtischen Angebote kaum wahr. Bei Fragen zur Demenz herrsche oft Hilflosigkeit. Oder beim Thema Tageseltern. „Wie kommt man an interessierte Eltern?“, fragt Stahl. Der Bedarf sei da. „Vielleicht könnte man dann ein muslimisches oder afrikanisches Kind in einer entsprechenden Familie unterbringen.“
Die Stadt muss nichts bezahlen
Das Projekt werde von den Migranten positiv aufgenommen, berichten Andreas Stahl und Derya Kurç. „Diese Menschen wollen in der Gesellschaft ankommen“, sagt Kurç. Als „sehr engagiert“ nimmt Stahl sie wahr. Auch wenn bei vielen die Glaubensausübung im Mittelpunkt stehe, so gebe es doch auch häufig einen Bildungsschwerpunkt, wie beim Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) in Osterfeld.
In diesem Jahr werden die Vereine weiter fit gemacht, mit Kursen zu Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Buchhaltung. Geld soll das alles die Stadt nicht kosten. Die Referenten sind Mitarbeiter der Stadt, für alles andere gibt es die Fördermittel.
Wie Mitglieder von Migrantenvereinen die Lage sehen – und was sie sich vom Integrationsprojekt erhoffen
„Wenn wir etwas von der Stadt wollen, wenn wir wahrgenommen werden wollen, dann müssen wir mit der Stadt zusammenarbeiten. Ich hoffe, dass auch die Vereine bald enger zusammenarbeiten. Das Projekt ist eine Chance, Vorurteile abzubauen. Wir können viel voneinander lernen und gemeinsam Projekte entwickeln, auch wenn man unterschiedliche Ansichten hat.“
Ertekin Aksünger (45), Alevitischer Kulturverein
„Es ist wichtig, dass die Stadt auf uns zugeht. Wir gehen auch auf die Stadt zu. Man sollte nicht immer fragen: Was kann die Stadt für uns tun? Sondern: Was können wir für die Stadt tun? Zum Beispiel können wir den Deutschen zeigen, wie Afrikaner hier leben. Kulturelle Unterschiede leben – aber ohne Vorurteile. Wir sind alle Oberhausener.“
Christian Ejodamen (50), Word of Life International Church
„Die anderen Vereine kennenzulernen finde ich gut, bis jetzt gab es noch keine Kooperation untereinander. Gerade bei den vielen Arbeitslosen unter den Jugendlichen wünschen wir uns Hilfe von der Stadt. Auch bei der Renten- und Sozialberatung. Dafür würden wir zum Beispiel gerne ein Büro anmieten. Wir brauchen mehr Unterstützung, auch finanzielle.“
Franco Sogus (63), Sardischer Kulturverein
„Eine richtige Kooperation zwischen Stadt und Vereinen hat es bisher nicht gegeben. Die Türkische Gemeinde ist etabliert, aber es gibt keine Querverbindungen zu anderen. Wir ruhen in uns selbst. Nur bei Festen werden auch Deutsche eingeladen. Das ist, ehrlich gesagt, ein bisschen dürftig.“
Günther Holtmeyer (76), Türkische Gemeinde Oberhausen
„Den Alevitischen Verein haben wir mal kennengelernt. Wir waren beim Fastenbrechen, das war interessant. Ansonsten schauen wir russisches Fernsehen, lesen russische Zeitungen. Wir alle sind verurteilt dazu, zusammen zu leben. Um sich in einer multikulturellen Gesellschaft wohl zu fühlen, muss man auch was tun.“
Lev Schwarzmann (66), deutsch-russisches Kulturzentrum